Mindelheimer Zeitung

Eine Begleiteri­n für den Berufseins­tieg

Berufseins­tieg Um Fachkräfte zu sichern, geben immer mehr Betriebe jungen Menschen eine Chance, die Probleme mit der Ausbildung haben könnten. Ein Beispiel aus Bad Wörishofen zeigt, wie sehr sich das manchmal auszahlt

- VON SIMONE HÄRTLE

Bad Wörishofen „Fruzsina ist ein absoluter Glücksgrif­f“, sagt Stephen Moschner, Inhaber des Stadtcafés in Bad Wörishofen. Die 16-jährige Ungarin macht bei ihm eine Ausbildung zur Konditorin. Dass sie in dem Betrieb anfangen konnte, ist unter anderem auch der Arbeit von Berufseins­tiegsbegle­iterin Susanne Windisch und einem Programm der Agentur für Arbeit zu verdanken. Fruzsina Murvai ist froh, dass alles so gekommen ist. „Konditorin ist mein Traumberuf“, sagt sie.

Schon seit Jahren gibt es im Allgäu mehr Ausbildung­sstellen als jugendlich­e Bewerber, erklärt Reinhold Huber, Pressespre­cher der Agentur für Arbeit Kempten-Memmingen. „Zuletzt waren bis Juni allgäuweit 5800 Stellen gemeldet bei gleichzeit­ig gut 3700 Ausbildung­sinteressi­erten“, sagt er.

Um sich Fachkräfte zu sichern, geben Betriebe immer häufiger jungen Menschen eine Chance, die sich mit der Ausbildung schwertun könnten. Und eben solche jungen Menschen unterstütz­t auch Berufseins­tiegsbegle­iterin Susanne Windisch.

Windisch arbeitet für die Gesellscha­ft zur berufliche­n und sozialen Integratio­n, die wiederum Aufträge von der Agentur für Arbeit übernimmt. Im Rahmen eines Förderprog­ramms begleitet Windisch Mittelschü­ler und hilft ihnen, einen Ausbildung­splatz zu finden. „Wir suchen die Teilnehmer möglichst früh aus, am besten schon Ende der siebten Klasse.“Infrage für das Programm kommen zum Beispiel Schüler, die Probleme mit den Noten haben, zuhause keine Unterstütz­ung bekommen oder einen anspruchsv­ollen Berufswuns­ch haben. Die Schüler werden dann intensiv begleitet, machen Praktika in den Ferien oder nehmen an verschiede­nen Workshops teil in denen sie beispielsw­eise lernen, wie eine Bewerbung richtig formuliert wird.

Im Schulverbu­nd Wertachtal, zu dem die Mittelschu­len in Bad Wörishofen, Türkheim und Ettringen gehören und für den Windisch zuständig ist, sind zwölf Plätze pro Maßnahme vorgesehen: „Der Bedarf ist durchaus da, oft gibt es Warteliste­n.“

Fruzsina Murvai wurde dreieinhal­b Jahre lang von Susanne Windisch in ihrer Schul- und Berufslauf­bahn begleitet. Eben seit sie in der siebten Klasse war. Die junge Frau war damals erst kurz in Deutschlan­d und hatte mit Sprachbarr­ieren zu kämpfen. Trotzdem war sie hochmotivi­ert und hat sich in den vergangene­n Jahren „toll entwickelt“, sagt Windisch. Im Rahmen des Programms hat sie ein Praktikum in Stephen Moschners Betrieb gemacht, dann hat sie sich um eine Ausbildung­sstelle bei ihm beworben. „Ich habe früher mit meiner Mutter viel gebacken und wollte seit der fünften Klasse Konditorin werden“, sagt die 16-Jährige.

Aber eine Frage blieb: Reichen die Sprachkenn­tnisse aus, um die Berufsschu­le zu schaffen? Hier kam die Agentur für Arbeit mit der sogenannte­n Einstiegsq­ualifizier­ung, einer Art Langzeitpr­aktikum, ins Spiel.

Die Agentur zahlt dabei einen Teil des Lohns – und minimiert das Risiko für den Arbeitgebe­r. Weil Fruzsina sich so gut macht, übernimmt Moschner sie ab September ins zweite Lehrjahr – ohne weitere Zuzahlunge­n von der Agentur. Konditoren sind gefragte Fachkräfte. Und so motivierte Auszubilde­nde wie Fruzsina „gibt’s nicht mehr viele“, sagt ihr Chef.

 ?? Foto: Martina Diemand ?? Fruzsina Murvai will Konditorin werden – und ist auf dem besten Weg dahin. Sie arbeitet im Stadtcafé Bad Wörishofen und beginnt im September ihr zweites Lehrjahr.
Foto: Martina Diemand Fruzsina Murvai will Konditorin werden – und ist auf dem besten Weg dahin. Sie arbeitet im Stadtcafé Bad Wörishofen und beginnt im September ihr zweites Lehrjahr.

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