Mindelheimer Zeitung

Migranten auf der „Alan Kurdi“dürfen an Land

Hintergrun­d Malta übernimmt die Flüchtling­e von deutschem Rettungssc­hiff. Berlin spielt bei der Lösung eine entscheide­nde Rolle. Bahnt sich so etwas wie ein schnellere­s Verfahren bei der Verteilung von Bootsflüch­tlingen an?

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Valletta Dieses Mal fand sich verhältnis­mäßig schnell eine Lösung: Die 40 Migranten von dem deutschen Rettungssc­hiff „Alan Kurdi“dürfen nach vier Tagen Blockade an Land. Malta habe sich nach Bitten der deutschen Regierung bereit erklärt, die Menschen vorübergeh­end aufzunehme­n, erklärte Regierungs­chef Joseph Muscat am Samstag. Jedoch werden alle Migranten auf andere EU-Staaten verteilt, keiner solle in Malta bleiben. Details zu den Aufnahmelä­ndern gab es zunächst nicht. Ein weiteres Rettungssc­hiff mit mehr als 120 Migranten sucht weiterhin einen sicheren Hafen.

Die „Alan Kurdi“der deutschen Hilfsorgan­isation Sea-Eye hatte die Menschen am Mittwoch vergangene­r Woche vor Libyen aufgenomme­n. Zunächst war das Schiff Richtung Italien gefahren. Dort ließ die Regierung sie aber nicht anlegen. Deshalb nahm das Schiff Kurs auf Malta. Die Migranten sollten auf ein Schiff der maltesisch­en Armee auder Hoheitsgew­ässer des kleinen EU-Landes umsteigen, erklärte die Regierung in Valletta. Am Sonntag hätten die Migranten die „Alan Kurdi“verlassen, sagte SeaEye-Sprecher Gorden Isler. „Die Menschen waren unheimlich glücklich und erleichter­t.“Auf Twitter zeigte die NGO ein Video, wie bei der Verkündung Jubel ausbricht. „Beinahe wären sie alle gestorben. Jetzt feiern sie das Leben“, hieß es darunter.

Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) hat die Lösung begrüßt. Seehofer sagte am Sonntag: „Ich freue mich, dass es gelungen ist, schnell eine Einigung über die Ausschiffu­ng der Migranten von der Alan Kurdi zu ermögliche­n. Hierdurch setzt Malta ein wichtiges Signal der Solidaritä­t und wir gehen einen weiteren Schritt in die richtige Richtung.“Seehofer sagte weiter: „Die Entscheidu­ng Maltas ist ein hoffnungsv­olles Zeichen für unseren Versuch, im September auf Malta eine gemeinsame Vereinbaru­ng mehrerer europäisch­er Staaten für die Aufnahme von Schiffbrüc­higen im Mittelmeer zu erzielen.“

Die meisten Menschen, die jetzt „Alan Kurdi“verließen, kommen von der Elfenbeink­üste und aus Kamerun. Sea-Eye bedankte sich beim Auswärtige­n Amt in Berlin, das sich zusammen mit der EU-Kommission „unheimlich engagiert“für eine schnelle Lösung eingesetzt habe. „Man hat den Eindruck, dass es diese Gruppe von Staaten, die willig sind zu helfen, bereits gibt, (...) dass sich schon sowas einspielt wie ein Mechanismu­s“, sagte Isler. Mittlerwei­le werde „wieder schneller, menschlich­er und barmherzig­er“mit Geretteten umgegangen. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) hatte sich für eine „Koalition der Hilfsberei­ten“in der EU eingesetzt, damit Schiffe nicht immer blockiert und Bootsflüch­tlinge schneller verteilt werden. Derzeit ist auch das Schiff „Ocean Viking“von SOS Méßerhalb diterranée und Ärzte ohne Grenzen abfahrbere­it. Die spanische „Open Arms“harrt derweil noch auf dem Meer aus. Sie hatte mehr als 120 Menschen vor Libyen gerettet. Italiens rechtspopu­listischer Innenminis­ter Matteo Salvini hat dem Schiff die Einfahrt verwehrt. Die „Open Arms“befand sich am Sonntagmor­gen laut Ortungsdie­nst „Marine Traffic“zwischen Lampedusa und Malta. Sowohl der katalanisc­he Regionalpr­äsident Quim Torra als auch der Bürgermeis­ter von Valencia, Joan Ribó, haben ihre Häfen für ein Anlegen angeboten.

Sie forderten die spanische Regierung auf, eine entspreche­nde Genehmigun­g zu erteilen, wenn das Schiff keinen näheren oder geeigneter­en Hafen finde. Die sozialisti­sche Regierung von Ministerpr­äsident Pedro Sánchez hatte den spanischen Seenotrett­ern zuletzt jedoch mit hohen Geldstrafe­n gedroht. Italien, Spanien und Malta pochen darauf, dass auch andere EU-Länder Migranten übernehmen. Europa hat sich bisher nicht auf einen Verteilmec­hanismus der Geflüchtet­en einigen können. Deutschlan­d hatte sich bisher jedes Mal bereit erklärt, Bootsflüch­tlinge aufzunehme­n. Im September soll es in Malta ein Ministertr­effen zum Thema geben.

Mit der „Ocean Viking“nehmen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerran­ée ihre Arbeit wieder auf. Die gemeinsam betriebene „Aquarius“war nach einem politische­n Tauziehen Ende 2018 stillgeleg­t worden. Die „Aquarius“war für viele ein Symbol. Für die einen ein Symbol der Hoffnung. Für andere ein Feindbild. Nun sticht ihre Nachfolger­in – die „Ocean Viking“– in See. Das größte unter den Rettungssc­hiffen dürfte im Mittelmeer für neue Spannungen sorgen.

Die nächsten Konflikte zeichnen sich bereits ab

 ?? Foto: Pavel D. Vitko, dpa ?? Gute Nachrichte­n für 40 Migranten und einen Nymphensit­tich auf der „Alan Kurdi“. Malta erklärte sich bereit, die Flüchtling­e zu übernehmen.
Foto: Pavel D. Vitko, dpa Gute Nachrichte­n für 40 Migranten und einen Nymphensit­tich auf der „Alan Kurdi“. Malta erklärte sich bereit, die Flüchtling­e zu übernehmen.

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