Mindelheimer Zeitung

Ruhe bitte!

- VON SARAH SCHIERACK schsa@augsburger-allgemeine.de

Vor zweieinhal­b Jahren schrieb ich an dieser Stelle einmal über die Ruhe in meiner Wohnung. Ich jubelte über schalldich­te Fenster, die jeden Straßenlär­m aussperren. Und ich pries die stabilen Türen und die massiven Wände, die auch die hartnäckig­sten Alltagsger­äusche der Nachbarn, jedes Klackern, Tapsen oder Bollern, von mir fernhalten. Himmlisch, dachte ich damals.

Heute bin ich schlauer. Und muss zugeben: Ich habe mich geirrt, und zwar vollumfäng­lich. Nicht die baulichen Umstände waren es, die den Lärm unterdrück­ten, sondern die Nachbarn selbst. Sie waren leise, rücksichts­voll, kurz: kaum hörbar. Woher ich das so genau weiß? Weil meine neuen Nachbarn das genaue Gegenteil sind.

Seit einigen Monaten wohnen in der Wohnung über mir neue Mieter. Und sie sind weder leise noch rücksichts­voll. Sie stampfen, sie trampeln. Vor allem aber hören sie laute Technomusi­k, meistens am Abend, gern bis nach Mitternach­t.

Ich habe es mit verschiede­nen Strategien probiert: Ich habe geklingelt und mich freundlich beschwert. Ein Mal, zwei Mal, ein drittes Mal. Ich habe versucht, abends nicht mehr zu Hause zu sein. Ich habe über einen Umzug nachgedach­t. Und ich habe mir zum ersten Mal in meinem Leben eine Packung Ohrstöpsel gekauft. Das hilft, zumindest ein bisschen.

Eine Freundin riet mir letztens, beim nächsten Mal die Polizei anzurufen. Aber davor schrecke ich zurück. Jemand, der seinen Nachbarn die Polizei in die Wohnung schickt – will ich wirklich so jemand sein? Eher nicht.

Also versuche ich, das Problem auszusitze­n. Irgendwann, denke ich mir, ziehen die neuen Nachbarn vielleicht auch wieder aus.

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Foto: Stock Adobe Wenn die Nachbarn lärmen, hilft nur noch: Ohren zuhalten.

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