Ruhe bitte!
Vor zweieinhalb Jahren schrieb ich an dieser Stelle einmal über die Ruhe in meiner Wohnung. Ich jubelte über schalldichte Fenster, die jeden Straßenlärm aussperren. Und ich pries die stabilen Türen und die massiven Wände, die auch die hartnäckigsten Alltagsgeräusche der Nachbarn, jedes Klackern, Tapsen oder Bollern, von mir fernhalten. Himmlisch, dachte ich damals.
Heute bin ich schlauer. Und muss zugeben: Ich habe mich geirrt, und zwar vollumfänglich. Nicht die baulichen Umstände waren es, die den Lärm unterdrückten, sondern die Nachbarn selbst. Sie waren leise, rücksichtsvoll, kurz: kaum hörbar. Woher ich das so genau weiß? Weil meine neuen Nachbarn das genaue Gegenteil sind.
Seit einigen Monaten wohnen in der Wohnung über mir neue Mieter. Und sie sind weder leise noch rücksichtsvoll. Sie stampfen, sie trampeln. Vor allem aber hören sie laute Technomusik, meistens am Abend, gern bis nach Mitternacht.
Ich habe es mit verschiedenen Strategien probiert: Ich habe geklingelt und mich freundlich beschwert. Ein Mal, zwei Mal, ein drittes Mal. Ich habe versucht, abends nicht mehr zu Hause zu sein. Ich habe über einen Umzug nachgedacht. Und ich habe mir zum ersten Mal in meinem Leben eine Packung Ohrstöpsel gekauft. Das hilft, zumindest ein bisschen.
Eine Freundin riet mir letztens, beim nächsten Mal die Polizei anzurufen. Aber davor schrecke ich zurück. Jemand, der seinen Nachbarn die Polizei in die Wohnung schickt – will ich wirklich so jemand sein? Eher nicht.
Also versuche ich, das Problem auszusitzen. Irgendwann, denke ich mir, ziehen die neuen Nachbarn vielleicht auch wieder aus.