Mindelheimer Zeitung

Lauingen will nicht mehr für Kirche zahlen

Streit Warum die hoch verschulde­te Stadt im Kreis Dillingen einen 500 Jahre alten Vertrag gerne loswerden würde

- VON MICHAEL BÖHM UND BERTHOLD VEH

Lauingen Verträge sind dazu da, um eingehalte­n zu werden. Könnte man meinen. Wer in diesen Tagen auf den Transferma­rkt des Profifußba­lls blickt, könnte daran erhebliche Zweifel bekommen. So erweckt das Gebaren so manches Millionen-Kickers eher den Eindruck, als wären Verträge nur dazu da, um gebrochen zu werden. Solange genug Geld in die richtige Richtung fließt, scheint das kein großes Problem zu sein.

Etwas anders gestaltet sich aktuell die Situation der Stadt Lauingen im Landkreis Dillingen. Auch sie würde sich gerne und lieber heute als morgen aus einem unliebsame­n Vertrag befreien. Doch das scheint nicht ganz so einfach zu sein wie der Wechsel eines Fußballers von Klub A zu Klub B. Denn der Vertrag, um den es sich in Lauingen handelt, ist beinahe 500 Jahre alt und noch immer gültig. Im Jahre 1531 erwarb die Stadt vom Kloster Ettal das Recht, bei den Katholiken den Zehnt (eine Art Steuer) einzutreib­en. Im Gegenzug verpflicht­ete sich die Stadt, künftig für den Bauunterha­lt des Martinsmün­sters aufzukomme­n. Und seither zahlt die Stadt munter für allerlei Reparature­n und Sanierunge­n in und an der prächtigen Kirche in ihrer Mitte.

Das geht ins Geld – und schmerzt die Stadt noch mehr, weil sie mittlerwei­le mit 20 Millionen Euro in der Kreide steht. Nur zu gerne würden die Lauinger daher sparen, auch weil sie sich so Hoffnungen auf eine Art Schuldensc­hnitt durch den Freistaat machen dürfen. Eine gute Gelegenhei­t für den sprichwört­lichen Rotstift wären da die anstehende und mehrere hunderttau­send Euro teure Sanierung des Kirchturms und der Fassade des Martinsmün­sters, hieß es unlängst im Stadtrat. Einer der Politiker brachte gar vor, dass die Kirche (im Allgemeine­n) doch im Geld schwimme und sich daher selbst um die Kirche (im Speziellen) kümmern könnte. Doch die Mehrheit im Stadtrat entschied schlussend­lich: Ein Vertrag ist ein Vertrag und wird auch nicht gebrochen. Noch nicht, zumindest. Denn Bürgermeis­terin Katja Müller (CSU) kündigte an, das zu versuchen, was ihre Vorgänger bereits vor 200 Jahren vergeblich versucht hatten: Aus dem Vertrag vom Jahre 1531 herauszuko­mmen.

Möglich scheint in diesen Zeiten vieles. Und so wird wohl auch beim Lauinger Martinsmün­ster am Ende die Höhe der Ablösesumm­e eine entscheide­nde Rolle spielen.

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Archivfoto: Merk In Lauingen wird um den Erhalt des Martinsmün­sters gerungen.

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