Angriff aus der Luft
Allergologie Im Sommer sind allerlei Insekten unterwegs, die aus unterschiedlichen Gründen zustechen. Was man dabei beachten sollte und wie die Drohgebärde von Hummeln aussieht
Der Sommer ist Hochsaison für viele Insekten – Mücken, Bienen oder Wespen schwirren auf der Suche nach Nahrung durch die Gegend. Manchmal werden wir gestochen – mit teils recht unterschiedlichen Auswirkungen.
Mückenstiche etwa sind zwar lästig, aber in den meisten Fällen harmlos. Sie verursachen ein mehr oder minder heftiges Jucken an der Einstichstelle und eine lokale Schwellung, die normalerweise innerhalb von 24 Stunden wieder abklingt. Der Juckreiz verleitet aber oft zum Kratzen – was man vermeiden sollte, weil dadurch Bakterien in die Einstichstelle gelangen und zu einer Entzündung führen können. Mücken sind vor allem in der Dämmerung und nachts aktiv.
Bremsen stechen besonders gern bei Schwüle zu, vor allem am Tag. Sie können sogar durch die Kleidung hindurch stechen. Es kommt durch ihre im Vergleich zu Mücken größeren Stich- und Saugwerkzeuge zu einer schmerzenden Wunde. Manchmal übertragen sie auch Krankheitserreger. Dies kommt in Mitteleuropa jedoch selten vor.
Weibliche Mücken und Bremsen sind an Menschen interessiert, da sie durch den Stich und das anschließende Blutsaugen an eine eiweißreiche Nahrung kommen, die sie zur Ausbildung ihrer Eier benötigen. Die männlichen Tiere stechen hingegen nicht – was übrigens auch für Bienen, Hummeln oder Wespen gilt.
Wenn Bienen, Wespen oder Hummeln stechen, handelt es sich zumeist um eine Abwehrreaktion, weil sich die Tiere gestört oder in die Enge getrieben fühlen. Im Allgemeinen sind sie aber nicht aggressiv. Man weiß übrigens, dass insbesondere Wespen auf der Suche nach Nahrung ganz gezielt einen Tisch mit Kaffee und Kuchen anfliegen können. Zu bestimmten Zeiten sind sie auch Fleischfresser. Mit kräftigen Kiefern beißen sie zum Beispiel kleine Stücke aus Wurstscheiben.
Wespen- oder Bienenstiche sind recht schmerzhaft. Die Insekten tragen an ihrem Hinterleib einen Wehrstachel mit einer Giftblase. Das Gift wird beim Stich in die Wunde injiziert. Der Stachel der Bienen ist mit einem Widerhaken versehen, sodass er nach dem Stich aus dem Körper der Biene herausgerissen wird. Für sie endet der Stich deshalb tödlich. Anders ist das bei und Hornissen, die mehrfach stechen können, weshalb sich auch ihre Giftblase nicht vollständig entleert. Auch Hummeln können stechen, wenn sie in Bedrängnis sind. Eine eindeutige Drohgebärde ist es, wenn sie ihr mittleres Bein (von den drei Beinen auf einer Seite des Tieres) dem Angreifer entgegenstrecken. Ein Stich bleibt für die Hummel folgenlos, da auch sie ihren Stachel wieder herausziehen kann. Nach dem Stich von Biene und Co. schwillt die Gegend um die Einstichstelle an und wird rot, in der Mitte ist oft ein kleiner weißer Hof zu sehen. Meist ist der Durchmesser der geschwollenen Stelle nicht größer als zehn Zentimeter und bildet sich in den folgenden Tagen zurück. Wer in Hals oder Rachen gestochen wurde, muss unbedingt sofort zum Arzt, denn die Atemwege können zuschwellen. Für alle Stichopfer ist Kühlung eine gute Methode, um den Schmerz zu lindern. Eiswürfel oder Kältepacks sollten aber nicht direkt auf die Haut gegeben werden: Ein Tuch darunter schützt vor Kälteschäden. Außerdem bringen Salben mit Hydrocortison Erleichterung.
Ganz anders ist der Verlauf nach einem Stich, wenn die betroffene Person auf das Gift von Bienen, Wespen, Hummeln oder Hornissen allergisch reagiert. Dies trifft auf rund ein Prozent der Kinder und auf bis zu fünf Prozent der Erwachsenen zu. „Damit sich eine Allergie entwickelt, muss man mindestens einmal vorher gestochen worden sein“, erklärt Juliane RiekerSchwienbacher, Leiterin der Allergieabteilung an der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Klinikum Stuttgart.
„Der Erstkontakt muss dabei keine besonders starke Reaktion hervorrufen.“Das Immunsystem wird dadurch sensibilisiert und bei einem erneuten Stich reagiert es sofort. Innerhalb von wenigen Minuten können dann allergische Symptome auftreten. „Das reicht von HautreakWespen tionen wie Schwellungen und Nesselsucht am ganzen Körper über Allgemeinreaktionen wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, über Schwindel, Herzrasen, Atemnot und Benommenheit bis schließlich zum Kreislaufzusammenbruch und Herzstillstand“, so Rieker-Schwienbacher.
Diese überschießende Reaktion des Immunsystems ist lebensgefährlich – deshalb muss sofort der Notarzt (Telefonnummer 112) gerufen werden. „Helfer können bis zum Eintreffen des Notarztes dafür sorgen, dass der Allergiker die Beine hochlegt, um den Kreislauf zu stabilisieren, und eventuell die Einstichstelle kühlen. Bei Bewusstlosigkeit ist die stabile Seitenlage nötig“, sagt die Allergologin. Wer weiß, dass er sehr sensibler Insektengiftallergiker ist, hat oft ein Notfallset dabei, mit dem die Reaktionen des Immunsystems abgeschwächt und Blutdruck und Kreislauf stabilisiert werden können. Dazu gehören ein schnellwirksames Antihistaminikum, ein Cortison-Präparat und auch ein Adrenalin-Pen. Das Gift von Bienen oder Wespen besteht jeweils aus mehreren allergieauslösenden Substanzen, manche kommen bei beiden Insekten vor. Je nach Ausprägung der Allergie kann jemand mit einer Bienengiftallergie also auch bei einem Wespenstich überreagieren. Bei Wespen und Hornissen ist das Gift hingegen im Wesentlichen gleich.
Imker, Gärtner oder auch Bäckereiverkäufer haben ein besonders hohes Risiko, von Insekten gestochen zu werden. Ihnen und auch anderen stark Betroffenen wird im Fall einer Insektengiftallergie zu einer Hyposensibilisierung geraten, die den Körper langsam an das Gift gewöhnt. Auf diese Weise fällt die Reaktion des Immunsystems schwächer aus oder wird sogar ganz verhindert. Wer sich dafür entschließt, muss Geduld haben, denn es dauert drei bis fünf Jahre, bis die Behandlung abgeschlossen ist.