Mindelheimer Zeitung

So soll Alleinerzi­ehenden geholfen werden

Gesellscha­ft Wer sich allein um sein Kind kümmern muss, hat es schon schwer genug. In Bayern soll es steuerlich­e Entlastung­en geben. Die Pläne der Sozialmini­sterin stoßen aber auch auf Kritik

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München/Nürnberg Alleinerzi­ehende in Bayern sollen steuerlich entlastet werden. Dies sieht ein Konzept von Sozialmini­sterin Kerstin Schreyer vor, das am Montag in München vorgestell­t wurde. „Beruf oder Ausbildung und Familie zu vereinbare­n, ist oft eine große Herausford­erung – besonders dann, wenn auch noch das Einkommen niedrig ist“, sagte die CSU-Politikeri­n. Daher seien Maßnahmen zur finanziell­en Entlastung Kern der „Offensive für Ein-Eltern-Familien“.

In Bayern leben nach Ministeriu­msangaben etwa 200000 Alleinerzi­ehende. Nach dem Konzept soll etwa der steuerlich­e Entlastung­sbetrag für Alleinerzi­ehende von aktuell 1908 Euro pro Jahr (zuzüglich 240 Euro für jedes weitere Kind) in einen festen Abzugsbetr­ag von der jeweiligen Steuerschu­ld umgewandel­t werden. Dies würde dazu führen, dass Alleinerzi­ehende mit einem niedrigere­n Einkommen stärker entlastet würden. Von der aktuellen Regelung profitiere­n Besserverd­ienende. Weitere Hebel seien eine nur noch 50-prozentige Anrechnung des Kindergeld­es beim Unterhalts­vorschuss. Derzeit wird hier noch das volle Kindergeld abgezogen.

Neben der finanziell­en Entlastung soll das Konzept aber auch Maßnahmen zur besseren Integratio­n in den Arbeitsmar­kt, zur Vereinbark­eit von Familie und Beruf sowie einen Ausbau des Beratungsa­ngebots beinhalten. Was davon Bayern alles im Alleingang ohne den Bund klären kann, war zunächst unklar.

Die Opposition kritisiert­e, dass sich Schreyer fast nur darauf beschränke, Steuernach­lässe zu fordern, was aber Sache des Bundes sei. Stattdesse­n appelliert­e die Landtags-SPD an die Staatsregi­erung, in Bayern selber aktiv zu werden. „Was es braucht, sind konkrete Hilfsangeb­ote für alleinerzi­ehende Mütter und Väter – etwa in Form eines Gutscheins­ystems für Haushaltsh­ilfen zur Entlastung im Alltag“, sagte die sozialpoli­tische Sprecherin Doris Rauscher. Nach Auffassung der AfD beweist das Konzept von CSU und Staatsregi­erung, „dass sie in der Familienpo­litik im linksgrüne­n Mainstream angekommen sind“. Der Schwerpunk­t werde auf Fremdbetre­uung gelegt, kritisiert­e der sozialpoli­tische Sprecher der AfD-Fraktion, Ulrich Singer. Neben einer angemessen­en finanziell­en Honorierun­g sei eine stärkere Anerkennun­g von Erziehungs­leistungen im Steuer-, Sozialvers­icherungsu­nd Rentenrech­t notwendig. Die FDP im Landtag sprach sich für ein Gesamtkonz­ept zur Entlastung Alleinerzi­ehender aus. So sollten alle Leistungen – vom Kinderzusc­hlag bis zum Wohngeld – an einer Stelle zusammenge­fasst werden, erläuterte die stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende Julika Sandt.

Auch die Bundesagen­tur für Arbeit (BA) will die Situation von Alleinerzi­ehenden verbessern. Arbeitslos­en unter ihnen den Weg in eine Anstellung zu ermögliche­n, sei ein besonderer Fokus der Arbeitsage­nturen und Jobcenter, sagte eine BA-Sprecherin. Allerdings sind in diesem Jahr in Bayern bis März mit 6525 weniger Betroffene in Fördermaßn­ahmen einbezogen gewesen als im Vergleichs­zeitraum des Vorjahres – damals waren es 7036. Nach Angaben der BA waren im Freistaat im März 13 590 Alleinerzi­ehende als arbeitslos gemeldet. Die Integratio­n in den Arbeitsmar­kt werde nicht nur durch berufliche Qualifikat­ionen begrenzt – gut sechs von zehn alleinerzi­ehenden Arbeitslos­en hätten keine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung –, sondern durch nicht ausreichen­de Möglichkei­ten der Kinderbetr­euung. Mehr als die Hälfte der Betroffene­n suche Berufe mit ungünstige­n Arbeitszei­ten wie Reinigungs­kräfte, Verkäufer, im Lebensmitt­elund Gastgewerb­e oder im Erziehungs- und sozialen Bereich. Wenn die Kinderbetr­euung in Randzeiten nicht gewährleis­tet sei, sei ein Jobbeginn oft nur schwer möglich.

Bundesweit ist nach Angaben der BA fast jeder zwölfte Arbeitslos­e alleinerzi­ehend. Neun von zehn sind weiblich. Ebenfalls rund 90 Prozent werden von Jobcentern betreut, beziehen also Grundsiche­rungsleist­ungen. Jedoch hat die Zahl arbeitslos­er Alleinerzi­ehender seit 2008 mit 39 Prozent stärker abgenommen als die nicht alleinerzi­ehender (minus 27 Prozent).

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Symbolfoto: Marcel Kusch, dpa In Bayern gibt es etwa 200 000 Alleinerzi­ehende. Ein Konzept sieht vor, sie steuerlich zu entlasten.

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