Die Emirate fürchten um ihre Zukunft
Golf-Krise Sie wollen nicht in einen Krieg gezogen werden und ändern ihre Iran-Politik
Abu Dhabi Auf den ersten Blick erscheint es als etwas rätselhafte Spöttelei. „Das B-Team schrumpft“, twitterte kürzlich der iranische Außenminister Mohammed Javad Zarif. Hinter der Anspielung jedoch verbirgt sich möglicherweise eine Wende in der Konfrontation zwischen den USA und dem Iran am Persischen Golf. Als „B-Team“titulierte der redegewandte Teheraner Chefdiplomat bisher die vier härtesten Feinde der Islamischen Republik, den amerikanischen Sicherheitsberater John Bolton, den israelischen Premier Benjamin Netanjahu, den saudischen Kronprinzen Mohammed Bin Salman sowie den emiratischen Thronfolger Mohammed Bin Zayed.
Doch die Phalanx der eingeschworenen Iran-Gegner zeigt erste Risse, der starke Mann von Abu Dhabi schert immer deutlicher aus. Erst ließ Mohammed bin Zayed den Abzug seiner Elitetruppen aus dem Jemen verkünden, was von dem saudischen Königshaus fast unverhohlen als Verrat des engsten Alliierten empfunden wird. Dann machten Meldungen die Runde, eine Delegation der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sei zu Gesprächen nach Teheran gereist, an denen auch die Revolutionären Garden teilnehmen. Gleichzeitig traf sich der Chef der emiratischen Küstenwache erstmals seit 2013 wieder mit seinem iranischen Amtskollegen, unter anderem, um über die Sicherheit in der Straße von Hormus zu sprechen.
Dem emiratischen Herrscherhaus ist offenbar nach dem Abschuss einer US-Drohne durch die Revolutionären Garden und dem BeinaheGegenschlag der USA am 20. Juni der Schreck in die Glieder gefahren. Abu Dhabi will zwar den Machtradius der Islamischen Republik begrenzen, aber keinen offenen Krieg in der Region riskieren, der nicht primär die USA oder Israel, sondern die superreichen Scheichtümer und SaudiArabien treffen würde. 80 Prozent der Bewohner in den Emiraten sind Ausländer, viele von ihnen Tourismusmanager sowie Banken- und Immobilienspezialisten, die vor den iranischen Raketen in Scharen fliehen würden.
Zudem fürchtet die VAE-Führung, der unberechenbare US-Präsident Donald Trump könnte erst eine militärische Konfrontation vom Zaun brechen, dann aber mit Blick auf seine Wiederwahl 2020 das Kämpfen Saudi-Arabien und dessen kleinen, hochgerüsteten Golfpartnern zuschieben.
Im Jemen haben die emiratischen Kommandeure derweil ihrer Führung klargemacht, dass der Konflikt gegen die Huthis nicht mehr zu gewinnen ist. Um alleine oder zusammen mit Saudi-Arabien einigermaßen aus dem Kriegsschlamassel herauszukommen, brauchen beide Monarchien einen Gesprächskanal zur Huthi-Schutzmacht Iran. Als erste Geste des guten Willens sagten die Rebellen offenbar auf Drängen Teherans jetzt zu, die Emirate nicht mehr mit Raketen zu bedrohen, sondern nur noch nach Saudi-Arabien zu feuern. Obendrein treffen die US-Sanktionen die VAE-Wirtschaft besonders hart, weil in Dubai 70 000 iranische Geschäftsleute ansässig sind und über den dortigen Großhafen die Importe für ihr Land organisieren. Im vergangenen Jahr lag das Volumen noch bei 17 Milliarden Euro. Seit Anfang des Jahres ist der Handel um die Hälfte eingebrochen und verlagert sich zunehmend nach Oman, Malaysia und in die Türkei.
Und so war es bei dem eilig einberufenen Krisentreffen in Abu Dhabi nach dem iranischamerikanischen Drohnenduell vor allem der Emir von Dubai, Mohammad Bin Rashed alMaktoum, der verlangte, die Emirate müssten ihre gesamte Außenpolitik auf den Prüfstand stellen und aufhören, sich in die Angelegenheiten anderer Nationen einzumischen. Wie die türkische Nachrichtenagentur weiter berichtete, die sich auf einen ungenannten Teilnehmer berief, schloss er seine Philippika mit der Warnung: „Wenn Washington Teheran angreift, wird der Iran antworten, indem er auf die VAE und SaudiArabien zielt, entweder direkt oder durch die Huthis.“