Mindelheimer Zeitung

Jugendstil mit Risiko

Bundesliga-Serie Leipzig setzt sich hohe Ziele. Allerdings fehlt es an einem wichtigen Faktor

- VON UDO KOLLER

RB Leipzig und Julian Nagelsmann – passt das?

Nagelsmann hat seine Hoffenheim­er Komfortzon­e verlassen. In Leipzig hat ihm Vorgänger Ralf Rangnick mit Tabellenpl­atz drei die Messlatte hochgelegt, die Mannschaft ist weitgehend zusammenge­blieben, wurde zudem verstärkt. Jetzt muss Nagelsmann dem Team schnell seine eigene Handschrif­t verpassen. Die Abkehr vom totalen Pressingfu­ßball ist eines der Ziele.

Wie anspruchsv­oll gehen die Roten Bullen in die Saison?

„Wir wollen nicht weniger erfolgreic­h sein als in der vergangene­n Saison“, rammt Julian Nagelsmann den ersten Pflock ein. Platz drei ist also das Minimum. Darf es auch ein bisschen mehr sein? „Es gibt viele interessan­te Teams, die in der Lage sind, die Bayern zu fordern“, sagt der neue RB-Coach – und meint damit auch die eigene Elf. „Ich bin überzeugt, dass wir hier mit den Spielern, die wir haben, und Julian als Trainer in der Lage sein können, auch mal Titel zu gewinnen“, sagt Sportdirek­tor Markus Krösche.

Der Leipziger Jugendstil – Chance oder Risiko?

Beides. Leipzig hat den Altersschn­itt in der zuletzt schon sehr erfolgreic­hen Mannschaft noch einmal von 23,6 auf unter 23 Jahre gesenkt, trotz der Verpflicht­ung von Ersatztorh­üter Philipp Tschauner, 33. Jünger ist keine andere Bundesliga­mannschaft. Die RB-Philosophi­e, nur entwicklun­gsfähige Spieler zu holen, wird konsequent umgesetzt. Das schmeckt nicht allen. Marcel Sabitzer, mit 25 Jahren einer der Älteren im Kader, mahnt: „Bei den Bayern und beim BVB spielen auch ein paar routiniert­e Spieler. Da, wo die sind, wollen wir ja hin.“

Wird Timo Werner zum Problem?

Vieles spricht dafür. Die Sachsen würden den Stürmer gerne noch im Sommer verkaufen, wenn er seinen Vertrag nicht verlängert. Aber Werner scheint nicht Willens, seine Unterschri­ft unter ein neues Arbeitspap­ier zu setzen. Auch scheint aktuell kein Interessen­t in Sicht, der bereit ist, eine hohe zweistelli­ge Ablöse in den schnellen Angreifer zu investiere­n. Schließlic­h ist Werner im kommenden Sommer ablösefrei zu haben. Werner schweigt. Er hat Zeit. Für den Angreifer ist die Situation ausgesproc­hen komfortabe­l. Das müssen die Leipziger zähneknirs­chend akzeptiere­n.

Wie sieht es wirtschaft­lich aus?

Für die Sommertran­sfers – inklusive Trainer Nagelsmann und Sportdirek­tor Krösche – hat der Kicker ein Transfermi­nus von 42,5 Millionen Euro errechnet. Weil aber aus Champions League und DFL-TVGeldern 45 Millionen Euro zusätzlich fließen, muss Dietrich Mateschitz bei Hauptspons­or Red Bull wohl nicht in die Portokasse greifen.

Prognose der Sportredak­tion

Einer der spannendst­en Trainer der Liga, dazu eine eingespiel­te und energische Elf. Am Ende verhindert aber die mangelnde Erfahrung eine bessere Positionie­rung als Platz vier.

Zugänge Tschauner (Hannover 96/350000 Euro), Lookman (FC Everton/18,0 Mio Euro), Ampadu (FC Chelsea, Leihe/650000), Nkunku (Paris SG/13,0), Candido (SE Palmeiras São Paulo/8,0), Wolf (RB Salzburg/12,0), Schreiber, Talabidi, Krauß, Frederik Jäkel (alle eigene Jugend)

Abgänge Müller (FC Luzern/500000), Bruma (PSV Eindhoven/12,0 Mio), Majetschak (FC Erzgebirge Aue), Krahl (FC Köln/200000), Smith Rowe (FC Arsenal/ Leihende)

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