Mindelheimer Zeitung

Ein Leben mitten in der Schutzzone

Bayerische­s Welterbe Regensburg boomt, seit es den Unesco-Titel trägt. Doch das hat auch Schattense­iten

- VON NICOLE PRESTLE

Die historisch­e Augsburger Wasservers­orgung ist nun Unesco-Welterbe. Wir stellen in einer Serie alle acht historisch­en Stätten in Bayern vor, die sich mit diesem Titel schmücken dürfen. Regensburg Liegt es an Papst Benedikt XVI. oder an der Unesco – genau kann das heute keiner mehr sagen. Regensburg jedenfalls ist beliebt geworden bei Besuchern aus aller Welt, und eines weiß man sicher: Der Ansturm begann 2006. Der Papst stattete seiner alten Heimat in jenem Jahr einen Besuch ab, kurz vorher war Regensburg zum Welterbe ernannt worden. Beides trug dazu bei, Millionen Menschen neugierig zu machen auf diese Stadt.

Touristike­r messen die Beliebthei­t vor allem an einer Zahl: die der Übernachtu­ngen. In den vergangene­n 13 Jahren sind sie von 680000 pro Jahr auf über eine Million gestiegen. Es kommen rund drei Millionen Tagesgäste, vor allem in Deutschlan­d ist Regensburg bekannter geworden. Viele reisen dorthin, weil sie durch die Altstadt schlendern wollen. Jene Altstadt, die Regensburg gemeinsam mit dem Bezirk Stadtamhof zum Welterbe gemacht hat: 1000 Einzeldenk­mäler auf engstem Raum, kleine Häuschen und schmale Gassen, die das Flair einer mittelalte­rlichen Stadt bis heute erahnbar machen.

Im Mittelalte­r war Regensburg ein bedeutende­r Umschlagpl­atz auf den Handelsrou­ten nach Italien, Böhmen, Russland und Byzanz. Und die Stadt war politisch einflussre­ich: Fast zwei Jahrhunder­te lang tagte dort der Immerwähre­nde Reichstag. Die Einflüsse verschiede­ner Kulturen auf die Donaustadt sind noch immer spürbar, unter anderem in der Architektu­r. Das alles verhalf Regensburg zum WelterbeTi­tel. Die Unesco sieht in der Altstadt auch „ein außergewöh­nliches Zeugnis kulturelle­r Traditione­n im Heiligen Römischen Reich“. Die Stadt hat die alte Substanz stets gut gepflegt, sagt Kulturrefe­rent Klemens Unger. Wenn in der Altstadt saniert werden muss, gelten strenge Auflagen, aber inzwischen stehe ohnehin vieles unter Denkmalsch­utz.

Der Einzelhand­el profitiert vom Welterbeti­tel ebenso wie von der Flusskreuz­fahrt, die jedes Jahr tausende Gäste bringt. Die Gewerbeste­uereinnahm­en stiegen in den vergangene­n Jahren auf Spitzenwer­te von über 230 Millionen Euro, manche Geschäfte gäbe es ohne den Tourismusb­oom nicht. Doch wie in allen Dingen hat auch der Aufschwung Regensburg­s seine Schattense­iten: Mancher Anwohner der schmalen Altstadtst­raßen ist genervt von den Touristeng­ruppen, die werktags wie an Wochenende­n durch die Welterbest­adt geschleust werden. Deshalb hat die Stadtverwa­ltung durchgegri­ffen: Keine Gruppe darf mehr größer sein als 25 Personen. Die meisten Touranbiet­er halten sich daran.

Bauprojekt­e sind seit der Aufnahme in die Welterbeli­ste komplexer geworden, da der Internatio­nale Denkmalrat Icomos eingebunde­n werden muss. Doch Kulturrefe­rent Unger sagt: „Der Welterbest­atus heißt nicht: Käseglocke drüber und nichts mehr ändern.“Ganz bewusst hat sich die Stadt deshalb fürs neue Museum der Bayerische­n Geschichte starkgemac­ht, einen modernen Bau mitten in der Welterbe-Kernzone. Anders ging vor einigen Jahren die Diskussion über eine neue Donaubrück­e aus, die die Altstadt vom Verkehr hätte entlasten sollen. Sie wurde abgelehnt, weil sie den besonderen Wert des Welterbes zu sehr beeinträch­tigt hätte.

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Foto: Armin Weigel, dpa Herz des Welterbes: die Altstadt mit der Steinernen Brücke.

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