Mindelheimer Zeitung

Der Boulevard der Kanzler

Geschichte Zwischen Brandt und Schmidt: Bonn hat jetzt eine Kohl-Allee

- VON RUDI WAIS

Es wird eng für Angela Merkel und Gerhard Schröder. Als die Stadt Bonn dem früheren Bundeskanz­ler Willy Brandt die Ehre erwies, benannte sie dafür kurzerhand einen Teil der Adenauer-Allee um. Für die Helmut-Kohl-Allee, die CDUChefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r jetzt einweihen durfte, musste die Friedrich-Ebert-Allee 400 Meter abgeben. Sie ist zwar noch lang genug, um irgendwann einmal etwas Platz für eine Merkeloder eine Schröder-Allee zu schaffen, die aber würde dann schon gefährlich nahe an eine triste Autobahnau­ffahrt rücken. Und während an der Kohl-Allee ein so renommiert­es Haus wie die Bundeskuns­thalle steht, würde die nächste Kanzlerall­ee nur noch am Bundesvers­icherungsa­mt und an der Postbank vorbeiführ­en.

Nüchtern betrachtet sind alle diese Alleen Teile der Bundesstra­ße 9, die parallel zum Rhein durch die alte Hauptstadt führt – ein Boulevard der Kanzler, wenn man so will. Helmut Kohl jedenfalls wäre zufrieden mit dem Teilstück, das Bonn ihm dort zugesproch­en hat. Dass es die Bundeskuns­thalle überhaupt gibt, ist auch dem umtriebige­n Altkanzler zu verdanken. Ihr Grundstein wurde drei Wochen vor dem Mauerfall gelegt, sonst stünde die Kunsthalle heute wohl in Berlin.

Nach Helmut Schmidt ist ein Platz am südlichen Ende der KohlAllee benannt. Andere Größen der Bonner Republik wie Ludwig Erhard, Kurt Georg Kiesinger, HansDietri­ch Genscher oder Franz Josef Strauß müssen sich mit Seitenstra­ßen in der Nähe des Kanzlerbou­levards begnügen. Strauß immerhin hat nicht nur eine einfache StraußStra­ße bekommen, sondern wie sein ewiger Rivale Kohl eine eigene Allee. Und als hätte Bonn damals schon von Schwarz-Grün geträumt, geht die Strauß-Allee nahtlos in die Petra-Kelly-Allee über.

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Foto: dpa

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