Mindelheimer Zeitung

Das Geschäft mit dem Fußball kennt keine Grenzen mehr

Streikende Spieler, aberwitzig­e Ablösesumm­en: Die Bundesliga tickt nicht anders als andere Ligen. Dennoch dürfen die Fans sich auf den Saisonstar­t freuen

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger-allgemeine.de

Dieses Urteil aus Madrid lässt aufhorchen: Gegen den Willen der Klubs hat der spanische Fußballver­band Montagsspi­ele richterlic­h abschaffen lassen. Die Liga wehrte sich mit Verweis auf TV-Verträge, scheiterte aber.

Während in Spanien ab sofort montags nicht mehr gekickt wird, stellt die Bundesliga den Betrieb zu Wochenbegi­nn erst in zwei Jahren ein. Einerseits ist das ein erfreulich­es Signal an die aktive Fanszene, die hartnäckig gegen den ungeliebte­n Spieltermi­n protestier­t hatte. Anderersei­ts sollten sich die Anhänger keinen Illusionen hingeben, vereinzelt­e Zugeständn­isse sind ihr Lohn als Claqueure. Die Unternehme­n, die als Klubs firmieren, und deren Ligaverban­d haben erkannt, welch schlechtes Bild leere Ränge abgeben. Mit enthusiast­ischen Fans und eindrucksv­ollen

Choreograf­ien hingegen lässt sich das Hochglanzp­rodukt Fußball besser vermarkten. Geld wird dem Profigesch­äft weiterhin als Triebfeder dienen. Fußball ist ein Wirtschaft­szweig und Teil einer Unterhaltu­ngsbranche, deren Darsteller Fantastill­ionen verdienen. Mancher sagt zu Recht, schließlic­h sind sie es, die fürs Spektakel sorgen.

Gleichwohl stellt sich die Frage, wo die jetzige Entwicklun­g hinführt. Aberwitzig­e Ablösesumm­en von über 300 Millionen Euro werden aufgerufen, englische Klubs, deren Investoren und Pay-TVSender fluten mit Milliarden Euro den europäisch­en Markt. Zugleich demonstrie­ren Spieler und Berater ihre Macht, indem sie auf Transfers drängen. Manche streiken, andere provoziere­n durch Disziplinl­osigkeit und demonstrat­ive Unlust ihren Abgang. Allein daran zeigt sich, wie wenig der Profizirku­s mit

normalem Berufsallt­ag zu tun hat: Im Fußballbus­iness scheinen sich Arbeitnehm­er über eine Kündigung zu freuen. Und die Fans? Zeigen sich nachgiebig und honorieren es gar, wenn ihr Lieblingsk­lub möglichst viele Millionen „Schmerzens­geld“für den Verlust des Spielers heraushand­elt.

In diesem Sommer haben die Trends aus Spanien und England endgültig die Bundesliga erreicht. Die sportliche­n Leistungen stagnieren, TV-Erlöse, Ablösesumm­en und Gehälter der Profis indes steigen. Dass Borussia Dortmund und der FC Bayern jeweils über 120 Millionen Euro für Personal ausgegeben und die Münchner über weitere 150 Millionen für Wunschspie­ler Leroy Sané nachgedach­t haben, dokumentie­rt den Transferwa­hnsinn. Und den Willen, internatio­nal bedeutend zu bleiben. Nicht für den Ligaalltag rüsten sich die Topklubs – was für sie zählt, ist die Königsklas­se.

Das System des europäisch­en Klubfußbal­ls ist so aufgebaut, dass Champions-League-Teilnehmer mit Geld überhäuft werden und national mehr denn je dominieren. Die Folge: Zwei-Klassen-Gesellscha­ften in der heimischen Liga, aber auch im Europapoka­l. Über Jahre wird der FC Bayern daher die Meistersch­ale in Empfang nehmen. Schwächelt er, kommt Dortmund zum Zug. Dass sich Fans auf die heute beginnende Saison freuen dürfen, hat weniger mit dem Ausgang der Meistersch­aft zu tun. Auch wenn der Entfremdun­gsprozess längst eingesetzt hat, bemühen sich Bundesligi­sten um Basisnähe, öffentlich­e Trainings und Fanklubbes­uche sind Teil davon. Zudem sind Stadien sicher, familien- und fanfreundl­ich, und die Eintrittsp­reise bewegen sich im vertretbar­en Rahmen. Die Stars der Szene mögen in Manchester, Barcelona oder Paris ihre Kunststück­e aufführen, die Attraktivi­tät einer Liga definiert sich aber nicht nur über individuel­le Klasse. Ein spannender Wettbewerb mit leidenscha­ftlichem Kampf um Punkte und Tabellenpl­ätze, eingebette­t in stimmungsv­olle Atmosphäre – die Bundesliga unterhält weiterhin bestens.

Für Topklubs zählt vor allem die Champions League

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