Mindelheimer Zeitung

Die erste SPD-Reihe bleibt in der Deckung

Kandidaten-Kür Auch Giffey will nicht Parteivors­itzende werden. Dafür treten Gesine Schwan und Ralf Stegner an

- VON STEFAN LANGE

Berlin Im Bemühen der SPD um einen neuen Doppelvors­itz wird die Luft an der Spitze immer dünner: Nach Olaf Scholz und Hubertus Heil hat mit Franziska Giffey ein drittes Kabinettsm­itglied seinen Verzicht auf eine Kandidatur erklärt. Damit bleiben den Sozialdemo­kraten bisher Kandidaten, die nicht der ersten Reihe zugerechne­t werden. Neu im Rennen sind Gesine Schwan und Ralf Stegner, die zum SPD-Wahlpartei­tag Anfang Dezember zusammen satte 136 Jahre Lebenserfa­hrung auf die BewerberWa­age bringen würden. 76 Jahre ist Gesine Schwan alt, Ralf Stegner zählt aktuell 59 Lenze, im Oktober feiert er seinen 60. Geburtstag.

Giffey tat ihre Absicht in einem Brief an die kommissari­sche SPDChefin Malu Dreyer kund. Die 41-Jährige war immer wieder als Hoffnungst­rägerin für die gebeutelte Partei genannt worden. Giffey haftet seit ihrem Aufstieg von der Berliner Bezirksbür­germeister­in in Neukölln zur Ministerin der Ruf an, eine Problemlös­erin zu sein. Viele Berliner sehen das anders, vor allem hat sie ein persönlich­es Problem bislang nicht gelöst: Die Freie Universitä­t Berlin prüft seit einigen Monaten ihre Doktorarbe­it.

Giffey, so der Vorwurf, soll große Teile abgeschrie­ben haben, ohne das kenntlich zu machen. Wie die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung (FAZ) unter Berufung auf Parteikrei­se berichtete, will sie ihr Amt als Familienmi­nisterin abgeben, falls die Uni ihr den Doktortite­l aberkennt.

Nicht wenige SPD-Mitglieder wünschen sich, dass zumindest ein Mitglied der neuen Doppelspit­ze Regierungs­verantwort­ung trägt. Damit kämen noch Justizmini­sterin Christine Lambrecht, Umweltmini­sterin Svenja Schulze und Außenminis­ter Heiko Maas infrage. Alle drei haben allerdings nur noch zwei Wochen Zeit, sich zu erklären. Die Frist läuft am 1. September ab.

Am Ende könnten es Politiker wie Schwan und Stegner sein, die die Zukunft der SPD verkörpern. Ihre Bewerbunge­n sind an sich keine Überraschu­ng, denn beide hatten bereits signalisie­rt, ihre Hüte in den Ring werfen zu wollen. Verwundern kann eher, dass sich ausgerechn­et diese beiden Politiker zusammentu­n. So hatte Schwan vor Wochen noch damit geliebäuge­lt, es mit Juso-Chef Kevin Kühnert zu versuchen – der halb so alt ist wie Stegner. Was genau die gebürtige Berlinerin und den Schleswig-Holsteiner dazu bewogen hat, aufs SPD-Tandem zu springen, werden sie am (morgigen) Freitag in der Berliner Bundespres­sekonferen­z erklären.

Stegner wird dem linken Lager der SPD zugeordnet, Schwan mindestens links der bürgerlich­en Mitte. Ob sie damit schon die Unterstütz­ung aller Linken in der SPD hinter sich haben, ist ungewiss. Denn mit Karl Lauterbach bewirbt sich ein bekannter SPD-Abgeordnet­er um den SPD-Vorsitz. Der Gesundheit­sexperte gehört mit seiner Co-Kandidatin Nina Scheer, die ebenfalls Abgeordnet­e ist, der parlamenta­rischen Linken der SPD an. Wie übrigens auch Michael Roth, Abgeordnet­er und Staatsmini­ster im Auswärtige­n Amt, der zusammen mit Christina Kampmann den Vorsitz anstrebt. Kandidatin­nen und Kandidaten aus dem linken Lager hat die Partei also schon einige.

Schwan, von der die FAZ einst schrieb, sie sei „gern Kandidatin“, steuert auf ihre dritte große Bewerbungs­runde zu. In 2004 und 2009 bewarb sich die Politikwis­senschaftl­erin und Vorsitzend­e der SPDGrundwe­rtekommiss­ion um das Amt der Bundespräs­identin und bekam als Herausford­erin von Horst Köhler beide Male keine Mehrheit.

Kurz vor Ende der Bewerbungs­frist füllt sich der SPD-Kandidaten­topf zwar, aber eher mit sozialdemo­kratischer Magerkost. Neben Roth und Kampmann sowie Lauterbach und Scheer haben die Oberbürger­meister von Flensburg und Bautzen, Simone Lange und Alexander Ahrens, ihre Kandidatur erklärt. Ankündigun­gen gibt es noch vom Vizepräsid­enten des SPDWirtsch­aftsforums, Robert Maier, sowie vom früheren SPD-Bundestags­abgeordnet­en Hans Wallow.

Ralf Stegner

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Gesine Schwan
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