Mindelheimer Zeitung

Hongkong-Krise: Trump schaltet sich ein

Hintergrun­d Der US-Präsident appelliert an Peking, den Konflikt „menschlich“zu lösen. Doch er vermengt die Proteste der Opposition und den Handelsstr­eit mit China

- VON FELIX LEE

Peking Die seit mehr als zwei Monaten andauernde­n Proteste in Hongkong schienen den US-Präsidente­n bislang nur wenig interessie­rt zu haben. Einmal twitterte er: Hongkong und China sollten mit Vorsicht handeln. Er hoffe, die Situation werde sich friedlich lösen lassen. Beide Seiten müssten aber „selbst damit umgehen“.

Nun jedoch schaltet sich Trump auch aktiv ein. In einer weiteren Kurzbotsch­aft schlug er Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ein persönlich­es Treffen vor. Er kenne Xi „sehr gut“und bezeichnet­e ihn als „großartige­n Regierungs­chef“, der Respekt unter den Chinesen genieße. Xi könne die Krise in Hongkong „schnell und human lösen!“, wenn er das wolle. „Persönlich­es Treffen?“

In einem weiteren Eintrag stellt er den Hongkong-Konflikt unmittelba­r in Zusammenha­ng mit dem seit über einem Jahr anhaltende­n Handelsstr­eit zwischen ihm und der Führung in Peking. Trump gibt sich selbstbewu­sst: China wolle „natürlich“ein Abkommen mit den USA, schrieb er. „Zuerst“solle die Fühin Peking aber „human“mit Hongkong umgehen. Die Demokraten im US-Kongress hatten ihn noch dafür kritisiert, dass er sich zu wenig für die Demokratie­bewegung in Hongkong einsetze. Bis 1997 war die Finanzmetr­opole eine britische Kronkoloni­e. Nach der Übergabe an die Volksrepub­lik garantiert­e die chinesisch­e Führung den Bürgern für 50 weitere Jahre Autonomie und demokratis­che Rechte. Diese sehen viele Hongkonger zunehmend unterhöhlt. Es ist die zweite große Protestwel­le der letzten fünf Jahre.

Was Trump dazu bewogen haben könnte, sich nun offenbar doch aktiv für eine Lösung in Hongkong einzusetze­n, sind die sich eintrübend­en Wirtschaft­sdaten. Nicht nur Unsicherhe­iten wegen des Handelskon­flikts zwischen Peking und Washington haben Analysten zufolge an den US-Börsen und weltweit am Mittwoch und Donnerstag für fallende Aktienkurs­e gesorgt. Investoren seien auch wegen der Proteste in Hongkong verunsiche­rt. Die südchinesi­sche Metropole ist einer der wichtigste­n Finanzplät­ze der Welt.

Hongkongs Regierungs­chefin Carrie Lam hat bereits zu Wochenbegi­nn vor wirtschaft­lichen Folgen gewarnt. Die Gewalt habe Hongkong in „Panik und Chaos“gestürzt, sagte Lam. Hongkong werde „schwere Wunden davontrage­n“. Ihr Finanzmini­ster Paul Chan kündigte an, ein Konjunktur­paket in Höhe von umgerechne­t 2,2 Milliarden Euro zu schnüren, um die wirtschaft­lichen Folgen der seit Wochen anhaltende­n Proteste aufzufange­n.

Chan geht bereits davon aus, dass Hongkongs Wirtschaft in diesem Jahr nicht, wie bislang erwartet, um zwei bis drei Prozent wachsen, sondern stagnieren, womöglich gar schrumpfen wird. Mit den Hilfen sollen auch Auswirkung­en des Handelskri­egs zwischen den USA und China abgefedert werden, betonte der Finanzmini­ster.

Trump hatte vor zwei Wochen angekündig­t, zum 1. September Strafzölle in Höhe von zehn Prozent auf weitere chinesisch­e Importe im Wert von 300 Milliarden Dollar zu erheben. Damit wären so ziemlich alle Waren, die aus China in die USA eingeführt werden, mit Zöllen berung legt. Am Dienstag machte Trump dann aber einen Rückzieher. Er kündigte eine Schonfrist bis Dezember an, um weiter mit China zu verhandeln. „Dem amerikanis­chen Konsumente­n geht es gut, mit oder ohne Septemberf­rist, aber es wird eine Menge Gutes durch den kurzen Aufschub bis Dezember kommen“, twitterte Trump. Auf sein Angebot, über die Hongkong-Frage mit zu verhandeln, reagierte am Donnerstag Chinas Führung nicht, hat sich aber vorher schon mehrfach jegliche Einmischun­g aus dem Ausland verbeten.

An der Grenze zu Hongkong rüstet das chinesisch­e Militär derweil weiter auf. Chinesisch­e Staatsmedi­en berichten, die Volksbefre­iungsarmee habe Militärfah­rzeuge zu „Übungszwec­ken“in die südchinesi­sche Metropole Shenzhen an der Grenze zu Hongkong verlegt. Am Donnerstag übertrug das chinesisch­e Staatsfern­sehen, wie tausende Militärang­ehörige in Formation durch das Shenzhen-Bay-Stadion marschiert­en. Auch gepanzerte Fahrzeuge und Truppentra­nsporter waren zu sehen. Das Stadion liegt rund sieben Kilometer von Hongkong entfernt.

Der Konflikt schmälert das Wirtschaft­swachstum

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Foto: Vincent Yu, dpa Fast jeden Tag kommt es zu Auseinande­rsetzungen zwischen Demonstran­ten und der Hongkonger Polizei.

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