SGL verliert rasant an Wert
Unternehmen Der Kohlefaserspezialist rechnet mit weniger Gewinn und entlässt seinen Chef. Anleger sind entsetzt
Wiesbaden Der Kohlefaserspezialist SGL Group muss sich vor dem Hintergrund einer enttäuschenden Geschäftsentwicklung einen neuen Chef suchen. Jürgen Köhler werde zum 31. August 2019 zurücktreten, teilte das Unternehmen mit. Gleichzeitig senkte der Konzern seine Jahresprognosen, den Ausblick für die darauffolgenden Jahre kassierte SGL ganz ein. Anleger reagierten entsetzt, der Aktienkurs des Unternehmens sackte ab. Am Donnerstag war der Kurs um fast ein Drittel eingebrochen. Eine Aktie war noch 3,741 Euro wert und lag damit unter dem bisherigen Rekordtief von 2002 und erstmals überhaupt unter dem Wert von vier Euro.
Dabei hatte die Vorstandsmannschaft Jürgen Köhler erst vor wenigen Tagen die Ziele für 2019 bestätigt. Doch dann kam am Mittwochabend die Gewinnwarnung und Anleger wurden auf dem falschen Fuß erwischt.
Grund für die Gewinnwarnung war eine deutlich schlechtere Geschäftsentwicklung im Bereich Composites – Fibers & Materials (CFM). Deshalb rechnet SGL nun für 2019 beim um Sondereinflüsse bereinigten Konzern-Ebit (Gewinn vor Zinsen und Steuern) mit einem Rückgang um 10 Millionen Euro zum Vorjahr. Zuletzt hatte das Unternehmen noch ein stabiles Ebit auf dem Vorjahresniveau von 65 Millionen Euro erwartet. Beim Konzernergebnis wird nun statt des erhofften ausgeglichenen Ergebnisses mit einem Verlust im hohen einstelligen Millionen-Euro-Bereich gerechnet.
Die Konzernprognosen für 2020 bis 2022 streicht SGL komplett. Einen neuen Ausblick will das Unternehmen spätestens Anfang des kommenden Jahres veröffentlichen.
Begründet wurde die schlechte Entwicklung bei CFM mit Planungsfehlern bei einem großen Windenergie-Geschäft. Außerdem würden die erwartete Erholung im Marktsegment Industrielle Anwendungen sowie die geplanten Ergebnisverbesserungsmaßnahmen nicht in dem erwarteten Ausmaß das Ergebnis im zweiten Halbjahr 2019 stützen. Auch Teile des Standorts in Meitingen im Landkreis Augsburg zählen zum Geschäftsbereich Composites – Fibers & Materials.
An SGL Carbon sind die Autobauer BMW und VW sowie die Aufsichtsratschefin und BMW-Großaktionärin Susanne Klatten mit ihrer Gesellschaft Skion beteiligt.
Analyst Christian Obst von der Baader Bank schrieb in einer Studie, die Hiobsbotschaften von SGL könnten bedeuten, dass die komplette Zukunft des Unternehmens – zumindest die derzeitige Struktur – überarbeitet werden wird. Er schloss nicht aus, dass Hauptaktionär Skion SGL von der Börse nehmen könnte, was aus seiner Sicht für die Aktionäre die bessere Option wäre.