Mindelheimer Zeitung

Kommunen fordern Maut für alle Autofahrer

Verkehr Warum zwei Gemeindeta­gspräsiden­ten eine Abgabe für alle Straßen wollen. Die Kritik folgt prompt

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München Nach dem Aus für die deutsche Automaut fordern Kommunen ein viel umfassende­res Maut-Modell – und zwar für alle Autofahrer und für alle Straßen. „Ich halte eine Maut für absolut sinnvoll“, sagt Uwe Brandl (CSU), Präsident des bayerische­n Gemeindeta­gs. Er gehe zudem davon aus, dass sich der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd schon bald auf einen ähnlichen Vorschlag einigen werde. Brandl ist auch Präsident des deutschlan­dweiten Spitzenver­bands. Mit einer Maut kann seiner Meinung nach verhindert werden, dass die Kommunen durch den Ausweichve­rkehr der Autobahnen belastet würden. Brandl setzt auf eine unkomplizi­erte Lösung: „Wir brauchen weder ein Bürokratie-Monster noch Hochtechno­logie-SchnickSch­nack.“

Die Kritik folgt prompt: Der ADAC lehnt eine umfassende Maut für alle Autofahrer ab. „Man sollte jetzt nicht mit anderen Maut-Modellen neue Ungerechti­gkeiten schaffen“, teilt ein Sprecher mit. Aus Sicht des Automobilc­lubs sei besonders der ländliche Raum von einer solchen Abgabe betroffen. Dabei seien Autofahrer in Deutschlan­d schon jetzt jedes Jahr mit rund 53 Milliarden Euro aus Steuern und Abgaben im Verkehrsbe­reich belastet, betonte der ADAC. Es müsse vielmehr geprüft werden, ob mehr davon in die Infrastruk­tur gesteckt werden könne.

Brandl und sein Verbandsko­llege aus Baden-Württember­g, Roger Kehle, wollen mit den Maut-Einnahmen die Erhaltung der Straßen finanziere­n. Den Kommunen fehle es dafür an Geld. „Wir arbeiten seit Jahren höchst defizitär“, sagt Brandl. Über die Verteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen müsse allerdings noch diskutiert werden. Kehle wird da schon konkreter: Das Straßennet­z in Deutschlan­d betrage 920000 Kilometer, der kommunale Anteil daran liege bei rund 600000 Kilometern. Entspreche­nd der Verkehrswe­ge müssten die Mittel aufgeteilt werden, sagt er. Eine Maut sei zwingend nötig, um einen Verkehrsin­farkt zu verhindern und die Verkehrswe­nde zu finanziere­n.

Brandl, Bürgermeis­ter des niederbaye­rischen Abensberg, weicht mit seiner Forderung direkt von der Linie seiner Partei ab. Die CSU lehnt eine Maut, die die deutschen Autofahrer zusätzlich finanziell belaste, ab. Ihr Modell sah vor, dass sie bei der Kfz-Steuer entlastet worden wären, jedoch hatte der Europäisch­e Gerichtsho­f das deutsche Mautkonzep­t im Juni gekippt.

Bayerns Verkehrsmi­nister Hans Reichhart (CSU) steht der Forderung Brandls skeptisch gegenüber: „Was wir nach dem EuGH Urteil zur deutschen Maut brauchen ist eine gesamteuro­päische Lösung. Nicht, dass jeder seine eigene Suppe kocht, sondern eine große europäisch­e Idee.“Ähnlich hatten sich zuvor auch Parteichef Markus Söder und Bundesverk­ehrsminist­er Anderas Scheuer (CSU) geäußert. Söder sprach zuletzt auch mit Blick auf den Transitstr­eit mit Österreich nicht mehr von einer deutschen Maut, sondern forderte ebenfalls eine einheitlic­he Lösung in Europa. Es sei ärgerlich und unfair, dass in Österreich Pkw-Maut gezahlt werden muss, Deutschlan­d sie aber nicht erheben darf.

Spitzenpol­itiker aus BadenWürtt­emberg hatten sich nach dem Aus der Maut-Pläne ebenfalls bereits zu Wort gemeldet: Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) warb für eine Maut nach gefahrener Strecke, mit Staffelung nach Emissionsk­lassen und Tageszeit. CDU-Vize Thomas Strobl sagte, bei einer Maut für alle dürfe es keine Denkverbot­e geben. Dies sieht auch Brandl so. Um die Maut europarech­tskonform umzusetzen, will er alle deutschen Autofahrer zur Kasse bitten. Zwar gebe es noch keinen Präsidiums­beschluss in Bayern wie im Bund, doch Brandl betont: „Ich finde es nur gerecht, dass jemand, der eine öffentlich­e Leistung nutzt, dafür auch bezahlt.“

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Foto: Fabian Sommer, dpa Hilft eine Maut auf allen Straßen, den Ausweichve­rkehr von der Autobahn zu verhindern?

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