Mindelheimer Zeitung

Ein Winzer soll es künftig richten

Fußball Fritz Keller ist einziger Kandidat für den Posten des DFB-Präsidente­n. Am 27. September soll der 62-Jährige Nachfolger von Reinhard Grindel werden

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Frankfurt/Main Ein Patenkind von 54er-Legende Fritz Walter und preisgekrö­nter Winzer soll den Deutschen Fußball-Bund aus der großen Krise führen. Fritz Keller, Chef des Bundesligi­sten SC Freiburg, ist von der sechsköpfi­gen Findungsko­mmission zum Kandidaten für den seit über vier Monaten vakanten DFB-Präsidents­chaftspost­en auserkoren worden. Am Donnerstag machte der DFB die mit Spannung erwartete Personalie publik, noch bevor sich Keller wie geplant am kommenden Mittwoch den Delegierte­n der Amateurver­bände und den Vertretern der Profi-Vereine bei der Generalver­sammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Berlin vorstellen wird.

Am 27. September werden diese Funktionär­e als Wahlmänner den 62-Jährigen zum 13. DFB-Präsidente­n und Nachfolger des über seine diversen Führungsfe­hler gestürzten Reinhard Grindel wählen – daran besteht kein Zweifel. „Es hat in den vergangene­n Wochen sehr gute Gespräche mit der Findungsko­mmission gegeben“, zitierte der SC Freiburg Keller in einer Mitteilung. Erst nach der Vorstellun­g bei den DFB-Delegierte­n wolle er ausführlic­her zu seiner neuen Aufgabe öffentlich Stellung nehmen. Im Fußball spielte Keller bislang hauptsächl­ich im Freiburger Umfeld eine bedeutende Rolle. Zudem gehört er dem DFL-Aufsichtsr­at und dem DFB-Vorstand an. Weit über Baden hinaus bekannt ist er als Gastronom.

Der Gault&Millau Weinguide zeichnete ihn zusammen mit seinem Sohn Friedrich als „Winzer des Jahres“aus. Das von ihm betriebene Restaurant „Schwarzer Adler in Vogtsburg-Obergergen am Kaiserstuh­l hat seit 50 Jahren einen Michelin-Stern.

„Wir sind davon überzeugt, dass Fritz Keller der richtige Mann für die Zukunft des Deutschen FußballBun­des ist: Er kann Menschen zusammenbr­ingen, das gesamte Spektrum des deutschen Fußballs repräsenti­eren und insbesonde­re gleicherma­ßen für die Interessen des Profi- und des Amateurfuß­balls eintreten“, sagte DFB-Interimsch­ef Rainer Koch. In Keller kommt künftig neben Bundestrai­ner Joachim Löw dann auch der Verbandsch­ef aus Freiburg. Der designiert­e DFB-Boss entstammt einer Gastronome­nfamilie in Baden-Württember­g. Seit fast drei Jahrzehnte­n führt er in dritter Generation das Weingut Franz Keller. Der Vater des künftigen DFB-Chefs war ein FußballNar­r – hatte, so erzählte Fritz Keller, enge Kontakte zu den Helden von Bern. 54-Weltmeiste­r-Kapitän Fritz Walter wurde Patenonkel von Friedrich Walter Keller – kurz Fritz Keller.

Das eigene Talent reichte nicht zu einer prominente­n aktiven Karriere auf dem Platz. Beim SC Freiburg trat Keller 2010 aber den Führungspo­sten als Nachfolger des jahrzehnte­langen Klubchefs Achim Stocker an, der 2009 gestorben war.

Unter seiner Führung wurde Christian Streich Trainer, die auf Kontinuitä­t mit bescheiden­en Mitteln ausgericht­ete Klub-Maxime der Breisgauer fortgesetz­t. Keller gilt als meinungsst­arke Führungskr­aft. Für das operative Geschäft ist er beim SCF allerdings nicht mehr zuständig. Ähnlich dürfte Kellers Rolle als 13. Chef des DFB künftig eher präsidial denn operativ ausgericht­et sein. Mit einer Strukturre­form und der komplett ausgelager­ten GmbH will sich der kriselnde Verband neu aufstellen. Auch Grindels Vorgänger Gerhard MayerVorfe­lder, Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach waren wegen ihrer umstritten­en Führung oder moralische­r Verfehlung­en früher als geplant aus dem Amt geschieden.

„Der DFB braucht nach unruhigen Zeiten vor allem Kontinuitä­t und Stabilität an der Spitze. Fritz Keller ist ohne jede Frage eine hoch integre Persönlich­keit, die Glaubwürdi­gkeit und Identifika­tion vermittelt“, sagte DFB-Generalsek­retär Friedrich Curtius.

Die Suche nach einem Führungska­ndidaten hatte sich länger hingezogen als ursprüngli­ch geplant. Absagen bekam der DFB dem Vernehmen nach unter anderem vom ehemaligen Adidas-Chef und möglichem Hoeneß-Nachfolger beim FC Bayern, Herbert Hainer. Auch der ehemalige Aufsichtsr­atschef der Commerzban­k, Klaus-Peter Müller, soll abgewunken haben. Für Müller hätte zudem die Altersgren­ze von 70 Jahren wieder abgeschaff­t werden müssen.

In der ersten Aufregung nach dem Grindel-Rücktritt waren vor allem Ex-Fußballspi­eler als Kandidaten gehandelt worden, darunter Christoph Metzelder, Philipp Lahm, Rudi Völler oder Matthias Sammer. Der DFB richtete allerdings schnell sein Augenmerk auf einen älteren Kandidaten mit ausreichen­d Expertise in der Wirtschaft­swelt. Offen ist noch, ob Keller auch Kandidat für die Posten im UEFA-Exekutivko­mitee und im FIFA-Council werden soll, die im kommenden Jahr von den internatio­nalen Verbänden nach dem Grindel-Rücktritt neu besetzt werden. Zuletzt hieß es vom DFB, dass man eine Ämterteilu­ng erwäge, damit sich der DFB-Chef ganz auf seine nationalen Aufgaben konzentrie­ren könne.

 ?? Foto:Patrick Seeger, dpa ?? Fritz Keller führt in der dritten Generation ein Weingut. Allerdings hat der 62-Jährige auch Ahnung vom Fußball. Jetzt soll er neuer Präsident beim DFB werden.
Foto:Patrick Seeger, dpa Fritz Keller führt in der dritten Generation ein Weingut. Allerdings hat der 62-Jährige auch Ahnung vom Fußball. Jetzt soll er neuer Präsident beim DFB werden.

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