Ärger um Werbeblatt in Babenhausen
Veröffentlichung Der Herausgeber kritisiert in einem Beitrag die Teilnehmer von „Fridays for Future“und die Grünen. Deren Ortsverband wendet sich in einem offenen Brief an den Bürgermeister
Babenhausen Das ärgert die Grünen in Babenhausen: Im Werbeblatt „Aktiv Babenhausen“, das kostenlos an Haushalte in der Verwaltungsgemeinschaft verteilt wird, ist eine Kolumne abgedruckt, die gegen die Partei und die „Fridays for Future“-Bewegung wettert. Betitelt ist sie mit „Ein Brief an die Vernunft und den Verstand“. Zudem ist ein Foto des Herausgebers abgebildet. Es ist nicht das erste Mal, dass dieser mit Meinungsbeiträgen polarisiert.
Die jüngste Kolumne ist an „Kinder, Enkelkinder und Freitags-Kinder“adressiert. Der Autor kritisiert darin das Engagement der jungen Leute im Rahmen der Freitags-Demonstrationen für den Klimaschutz. Nach seinen Worten werfen diese den Eltern und Großeltern vor, den Planeten zu zerstören. Dabei habe die „heutige Rentner-Generation“Deutschland groß gemacht. „Ihr seid ausschließlich Nutznießer dieser Generation, die dieses bequeme Leben finanziert“, ist zu lesen. Doch nicht nur Jugendliche sind Adressaten der Kritik – sondern auch die Partei Bündnis 90/Die Grünen. Diese instrumentalisiere die Klima-Demos für politische Zwecke, heißt es da. „Das ist unseriöse Politik, verächtlich und schäbig“, schreibt der Herausgeber unter anderem.
Sätze wie diese stoßen dem Ortsverband der Grünen sauer auf – er wandte sich in einem offenen Brief an den Bürgermeister Otto Göppel (CSU). Der Grund: Nach Ansicht der Mitglieder dient „Aktiv Babenhausen“auch der Marktgemeinde als Mitteilungsblatt. Denn ein solches publiziert und verbreitet die Kommune nicht eigens. Der Ortsverband schreibt in seinem Brief, es sei „besonders bedauerlich, dass Jugendliche pauschal als Schulschwänzer und Nichtsnutze abgestempelt und die Folgen des Klimawechsels völlig verharmlost“würden. Generell seien wiederholt „überspitzte Kommentare“in dem Blatt veröffentlicht worden. Die Bitte der Grünen: Die Marktgemeinde solle nochmals prüfen, ob „Aktiv Babenhausen“noch weiter als Mitteilungsblatt dienen könne. „Beim Leser des Blatts könnte nämlich durchaus der Eindruck entstehen, dass die in dem Werbeblatt vertretenen Kommentare von Ihnen unterstützt oder gar gebilligt seien.“Jedenfalls werde die Marktgemeinde damit in Verbindung gebracht.
Bürgermeister Göppel sagt auf Nachfrage, dass die Gemeinde die aktive Zusammenarbeit mit dem Herausgeber vor einigen Jahren per Beschluss im Marktrat beendete – ebenfalls wegen eines Kommentars, der für Wirbel gesorgt hatte und mit dem sich auch Polizei und Staatsanwaltschaft beschäftigt hatten.
Der Herausgeber hatte damals in einem Text Zuwanderern aus Osteuropa vorgeworfen, den deutschen Sozialstaat notorisch zu missbrauchen. Der Kommentar schloss mit: „Deutschland erwache.“Der Autor hatte daraufhin erklärt, ihm sei der nationalsozialistische Hintergrund dieser Parole nicht bewusst gewesen. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt. Laut Staatsanwaltschaft war der Schuldvorwurf gering gewesen.
Eine Zusammenarbeit mit der Marktgemeinde besteht zwar nicht mehr. Jedoch greift der Herausgeber laut Göppel wohl auf den Veranstaltungskalender der gemeindeeigenen Internetseite zurück, um auf dessen Basis Ankündigungen zu veröffentlichen.
Auch der Bürgermeister sieht ein Konfliktpotenzial: „Die Kommentare sind manchmal schon grenzwertig.“Es sei jedoch das „Blättle“des Herausgebers und bei den Kolumnen handle es sich um Meinungsbeiträge – deren Sichtweisen man als Leser freilich nicht teilen müsse. Dass der Ortsverband der Grünen die Aussagen im Text nicht so stehenlassen wolle, bezeichnet Göppel als „nachvollziehbar“.
Der Grünen-Ortsverband appelliert: Die Marktgemeinde solle zumindest darauf dringen, dass eine „einseitige parteiische Überspitzung“in den Kommentaren unterlassen werde. Oder alternativ: Dass auch anderen politischen Parteien die Gelegenheit gegeben wird, ihre Meinung zu aktuellen gesellschaftlichen Fragen in gleichem Format kundzutun.
Wäre beides nicht möglich, so müsste die Gemeinde von der Nutzung von „Aktiv Babenhausen“als Mitteilungsblatt absehen.
Göppel erklärt: „Wir haben in diesem Sinn keinen direkten Einfluss auf den Herausgeber.“Der Marktrat habe nur die Möglichkeit, sich bezüglich der Meinungsäußerung zu positionieren. Es sei aber zu überlegen, ein eigenes Mitteilungsblatt ins Leben zu rufen, was jedoch mit Aufwand verbunden sei – personell wie finanziell. Der Herausgeber selbst wollte keine Stellung zur Kritik oder zum Inhalt der Kolumne nehmen.