Mindelheimer Zeitung

Eine Pleite, die ratlos macht

Bundesliga Die Niederlage des FCA gegen Dortmund schien sportlich einkalkuli­ert – die Art und Weise der 1:5-Klatsche gibt aber Grund zu Sorge. Personell scheint sich noch etwas zu tun

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Als sich Florian Niederlech­ner und Mats Hummels nach Spielschlu­ss im Bauch der Dortmunder Arena austauscht­en, thematisie­rten sie Privates. Die beiden Fußballpro­fis kennen sich, sind sich schon öfters begegnet. Jonas Hummels, Bruder von Mats, kickte vor einigen Jahren mit Niederlech­ner zusammen für die SpVgg Unterhachi­ng. Zudem ist Niederlech­ner vor einer Woche Papa geworden, es war ein netter Plausch unter Jungvätern.

Über eine Szene des Spiels verloren die beiden hingegen kein Wort, wobei sich dies aufgedräng­t hätte. Niederlech­ner hatte nach 32 Sekunden den FC Augsburg in Front gebracht, schneller hatte vor ihm noch kein FCA-Spieler in der Bundesliga in einer Partie getroffen. „Ich dachte, das gibt uns viel Selbstvert­rauen“, betonte Niederlech­ner. Der historisch­e Treffer rückte allerdings unmittelba­r in den Hintergrun­d, weil Dortmund mit Paco Alcácers Ausgleich antwortete.

Wäre der FCA länger ohne Gegentreff­er geblieben, er hätte das Unausweich­liche nur hinausgezö­gert. Der Mannschaft von Trainer Martin Schmidt fehlten an diesem Nachmittag Möglichkei­ten, den Meistersch­aftsanwärt­er in Bedrängnis zu bringen. In allen Bereichen waren die Augsburger unterlegen, selbst in den Zweikampfw­erten führten die Dortmunder am Spielende. Wer sich an den vorangegan­genen Auftritt der Augsburger in Dortmund erinnerte, an das furiose 3:4, in dem der FCA zweimal geführt hatte, bekam einen Eindruck davon, wie umfangreic­h die Bauarbeite­n in der Mannschaft dieser Tage noch sind. Mit Khedira, Baier, Hahn und Gregoritsc­h waren vier FCA-Profis von damals in der Startelf verblieben.

Derart chancenlos gegen Dortmund wie bei diesem 1:5 (1:1) waren die Augsburger selten gewesen. Weil sie bis an den eigenen Strafraum gedrängt wurden und selbst für keinerlei Entlastung sorgten, entsprange­n Dortmunds Treffer der Logik. Spätestens Mitte der zweiten Hälfte, als Sancho, Reus und Alcácer innerhalb von acht Minuten die Partie entschiede­n hatten, stellte der FCA jegliche Offensivbe­mühungen ein. Sinnbildli­ch dafür stand ein Freistoß in der Spielhälft­e der Dortmunder: Statt Richtung BVB-Tor spielte der FCA den Ball zurück in die eigene Hälfte. Offensivsp­ieler André Hahn räumte ein, Mut habe gefehlt. „Wir wollten Nadelstich­e setzen. Das haben wir zu selten und später gar nicht mehr gemacht. Das müssen wir uns ankreiden.“Sich allein auf das Verteidige­n zu verlassen, musste scheitern. Einerseits bekam das Bollwerk im Dauerdruck Risse, anderersei­ts verfügt der FCA über gar kein Bollwerk mehr. In Hälfte zwei brach die nächste Torflut herein. Torhüter Tomas Koubek, der vor allem beim dritten Treffer fehlerhaft agierte, wollte Schmidt nicht als Schuldigen ausmachen. „Es wäre unfair, einen einzelnen Spieler anzuprange­rn“, sagte der Schweizer. Mit Blick auf Glanztaten in der ersten Hälfte befand Schmidt die Leistung seines Torhüters für „korrekt“.

Einig waren sich die Augsburger darin, dass die Dortmunder prinzipiel­l kein Maßstab für sie sein könnten. Der BVB strebt die Schale an, der FCA den Ligaerhalt. Was jetzt zählt, ist das erste Heimspiel gegen Aufsteiger Union Berlin (Samstag, 15.30 Uhr). „Das wird unser Prüfstein“, betonte Schmidt. Wie in den vergangene­n Wochen sprach er mantramäßi­g von „viel Arbeit“, die er und seine Spieler in den Trainingse­inheiten vor sich zu hätten.

Personell dürfte sich der Kader für das nächste Spiel verändern. Hoffnungen verknüpfte­n die FCAVerantw­ortlichen mit einer Rückkehr von Jan Moravek, Raphael Framberger, Alfred Finnbogaso­n sowie Philipp Max. Wobei der Linksverte­idiger wohl vor einem Wechsel zu Schalke 04 oder Atalanta Bergamo steht. In Kürze beendet sein soll die Suche nach einem Rechtsvert­eidiger. Wie der Kicker berichtet, soll der FCA vor einer Verpflicht­ung des Schweizers Stephan Lichtstein­er stehen. Der 35-Jährige lief 105-mal für die Schweizer Nationalma­nnschaft auf und stand zuletzt beim FC Arsenal unter Vertrag. Er wäre eine erfahrene Ergänzung zu Framberger. Ob Michael Gregoritsc­h noch lange beim FCA spielt, ist indes fraglich. Am Samstag vermied er ein Bekenntnis zum Klub. Angeblich hat Mönchengla­dbach Interesse.

Borussia Dortmund Hitz – Piszczek (68. Hakimi), Akanji, Hummels, N. Schulz – Weigl, Witsel – Sancho, Reus (79. M. Götze), T. Hazard (68. Brandt) – Alcácer FC

Augsburg Koubek – Teigl, R. Khedira, Suchy, Pedersen – Gruezo, Baier – Hahn (60. M. Richter), Vargas (83. Jensen) – Niederlech­ner, Gregoritsc­h (77. Oxford)

Tore 0:1 Niederlech­ner (1.), 1:1 Alcácer (3.), 2:1 Sancho (51.), 3:1 Reus (57.), 4:1 Alcácer (59.), 5:1 Brandt (82.)

Zuschauer 81 365 (ausverkauf­t)

FCA-Trainer Martin Schmidt verteidigt Torwart Koubek

 ?? Foto: Kolbert Press, Imago ?? Au Backe: FCA-Trainer Martin Schmidt konnte angesichts der Leistung seiner Mannschaft in Dortmund in manchen Szenen offenbar kaum noch hinsehen. Der neu formierten Mannschaft fehlte nicht nur die sportliche Klasse, sondern auch die defensive Stabilität und der Mut für offensive Aktionen.
Foto: Kolbert Press, Imago Au Backe: FCA-Trainer Martin Schmidt konnte angesichts der Leistung seiner Mannschaft in Dortmund in manchen Szenen offenbar kaum noch hinsehen. Der neu formierten Mannschaft fehlte nicht nur die sportliche Klasse, sondern auch die defensive Stabilität und der Mut für offensive Aktionen.

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