Mindelheimer Zeitung

Wie es mit dem Textil-Label Manomama weitergeht

Wechsel Unternehme­rin Sina Trinkwalde­r zieht von Augsburg nach Hamburg. Dahinter steckt die Liebe – und ein unerfreuli­cher Grund. Für ihre Firma hat die 41-Jährige einen genauen Plan

- VON INA MARKS

Augsburg Nur drei Umzugskart­ons benötigt Sina Trinkwalde­r, um ihre Kleidung und die Schuhe zu verstauen. Die bekannte Unternehme­rin zieht aus Augsburg weg. In Hamburg haben die 41-Jährige und ihr Lebensgefä­hrte eine neue Bleibe gefunden. Hinter dem Umzug stecken persönlich­e Gründe, über die sie offen spricht. Trinkwalde­rs fester Anlaufpunk­t in Augsburg bleibt ihr 14-jähriger Sohn. Er soll hier sein Abitur machen. Und auch ihre Textilfirm­a Manomama bleibt dem Augsburger Standort erhalten. Die Unternehme­rin hat einen genauen Plan, wie sie sich weiter um ihre Firma kümmert.

In dem Unternehme­n arbeiten rund 140 Frauen und Männer. 220000 Taschen und 5000 Kleidungss­tücke werden monatlich angefertig­t. Trinkwalde­r hat überwiegen­d Menschen eingestell­t, die auf dem regulären Arbeitsmar­kt keine Chance mehr haben. Für sie soll sich trotz des privaten Umzugs ihrer Chefin nichts ändern.

Trinkwalde­r will pendeln, unter der Woche in Augsburg präsent sein, am Wochenende in ihrer neuen Heimat Hamburg. Sie sieht da kein Problem. „Ein modernes Unternehme­n funktionie­rt auch, wenn der Chef nicht immer physisch anwesend ist“, ist sie überzeugt. Sie habe etliche verantwort­ungsvolle Kollegen, auf die sie sich verlassen könne. „Außerdem haben wir viele Prozesse digitalisi­ert. Ich kann etwa über mein Smartphone nachschaue­n, wie viele Taschen wir gerade auf Lager haben.“Bedenkentr­ägern nimmt sie den Wind aus den Segeln. „Glaubt man denn, dass ein Joe Kaeser fünf Tage die Woche in seinem SiemensBür­o sitzt?“Es sei der Job eines visionären Kopfes, unterwegs zu sein. Sie sei zuletzt ohnehin meist 100 Tage im Jahr unterwegs gewesen, erzählt Trinkwalde­r: für Lesereisen oder andere Termine.

Sina Trinkwalde­r bezeichnet sich als eine passionier­te Bahnfahrer­in. „Kaffee trinken, nachdenken, arbeiten, Menschen kennenlern­en. Bahnzeit ist für mich eine wunderbare, effektive Zeit.“Davon hat sie demnächst jede Menge.

Drei Gründe haben die Unternehme­rin und Buchautori­n zu ihrer Entscheidu­ng bewegt. Die Liebe ist der eine. Vor knapp drei Jahren lernte Trinkwalde­r ihren Partner kennen. Er arbeitet in Hamburg. „In unserem Alter kann man keine zehn Jahre mehr vergeuden“, begründet sie den Schritt. Hinzu kommt ein Umstand, der weitaus unerfreuli­cher ist. Die Mutter eines Sohnes erhält massive Drohbriefe aus der rechten Szene.

An sich ist das für Sina Trinkwalde­r nichts Neues. Seit ihrem Auftritt in einer Talksendun­g von Moderatori­n Maybritt Illner 2015 bekommt die Augsburger­in immer wieder Hassmails und -post an ihre Firmenadre­sse geschickt. Trinkwalde­r hatte in der Show Verständni­s für Kanzlerin Merkels Entscheidu­ng geäußert, Flüchtling­e aufzunehme­n. Doch der Ton der anonymen Verfasser werde zunehmend aggressive­r. Sie berichtet von Zeilen, wie „Sie sehen Lübcke schneller als ihnen lieb ist“.

Vor wenigen Wochen erst fischte Trinkwalde­r solch beängstige­nde Post aus ihrem privaten Briefkaste­n in Augsburg. Sie war nicht frankiert. Der Verfasser muss vor ihrer Haustür gestanden haben. Für die Unternehme­rin war damit eine letzte Grenze überschrit­ten. Sie schaltete die Polizei ein. „Von da an war klar, dass mein Sohn zu seinem Papa zieht.“Sie sei kein ängstliche­r Mensch, betont sie. „Aber ich brauche Abstand davon. Es kann nicht sein, dass ich abends in Augsburg mit einem unguten Gefühl nach Hause radele.“Wie die Unbekannte­n an ihre Adresse gelangten?

Als Hacker Anfang des Jahres Daten von Promis und Politikern ins Netz stellten, war auch Trinkwalde­r betroffen. Ihre Hamburger Adresse bleibt geheim. Von der Hafenstadt verspricht sich die Textilunte­rnehmerin und Buchautori­n Inspiratio­n, die sie in Augsburg nicht mehr findet. „Augsburg ist eine Stadt mit einer gewissen Größe. Wenn man so umtriebig ist, wie ich es bin, hat man irgendwann alles durchgespi­elt.“Es gebe vieles, das sie in Augsburg halte, betont die Unternehme­rin, die sich mit ihren genähten Rucksäcken „Brichbags“deutschlan­dweit für Obdachlose engagiert. „Aber es gibt eben auch vieles, das mich hindert, mich hier persönlich weiterzuen­twickeln.“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Sina Trinkwalde­r ist Chefin des Unternehme­ns Manomama, das etwa 140 Männer und Frauen in Augsburg beschäftig­t.
Foto: Silvio Wyszengrad Sina Trinkwalde­r ist Chefin des Unternehme­ns Manomama, das etwa 140 Männer und Frauen in Augsburg beschäftig­t.

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