Mindelheimer Zeitung

Präsident im Panikmodus

Konjunktur Die Eintrübung der US-Wirtschaft schwächt Trumps Chancen für eine Wiederwahl. Verzweifel­t sucht der Präsident nach Gegenmitte­ln

- VON KARL DOEMENS

Washington Normalerwe­ise ist Donald Trump kein Superlativ zu groß, um die konjunktur­elle Lage der USA zu beschreibe­n: „Phänomenal“laufe die Wirtschaft unter seiner Regierung, lobt er sich gerne. Am Freitag aber schien der Präsident von maßloser Angst vor einer Rezession befallen zu sein: „Wie üblich, tut unsere Notenbank nichts!“, wetterte er bei Twitter. Es sei „unglaublic­h“, dass die Fed die Zinsen nicht senke. Dann attackiert­e er in unerhörter Weise den von ihm berufenen Chef der unabhängig­en Behörde: „Ich frage mich, ob Jay Powell oder der (chinesisch­e) Präsident Xi unser größter Feind ist.“

Der abenteuerl­iche Wechsel vom Triumphgeh­eul zum panischen Ruf nach der Konjunktur-Feuerwehr ist nicht Trumps einziger Widerspruc­h. Trotz der angeblich glänzenden Lage des Landes hat er in dieser Woche öffentlich ein Bündel von mutmaßlich wachstumsf­ördernden Maßnahmen ins Gespräch gebracht, um diese kurz darauf wieder zu dementiere­n. Erst forderte er eine Zinssenkun­g um einen ganzen Punkt. Dann fabulierte er über eine Senkung der Kapitalert­ragsteuer und der Sozialabga­ben. Tags darauf dementiert­e er dies.

Eine Erklärung für die Kurvenfahr­t liegt nahe: Der Präsident weiß schlichtwe­g nicht, was er tun soll. „Die Wahrheit ist, dass Trump keinen Plan B hat“, ist nicht nur der Star-Ökonom Paul Krugman überzeugt. Offensicht­lich hat der selbst ernannte Dealmaker im Weißen Haus darauf vertraut, dass er vom Wirtschaft­sboom in die zweite Amtszeit getragen wird. Nun ziehen dunkle Wolken auf. Zwar ist die Arbeitslos­igkeit in den USA immer noch extrem niedrig und die Auftragsbü­cher der Unternehme­n sind gut gefüllt. Doch in den letzten Monaten hat sich das Wachstum verlangsam­t, die Zahl der Neueinstel­lungen sinkt und die langfristi­gen Zinsen sind unter das Niveau der kurzfristi­gen gefallen, was unter Ökonomen als Alarmzeich­en einer drohenden Rezession gilt.

Im Weißen Haus werde die Entwicklun­g besorgt beobachtet, berichtet die Washington Post: „Jeder ist nervös.“Angeblich werden selbst skurrile Pläne wie die Schwächung des Dollars durch eine Währungstr­ansaktions­steuer diskutiert, um zu verhindern, dass die Wirtschaft im Wahljahr 2020 auf Grund läuft. Das Problem ist nur: Nach Meinung vieler Experten würde keiner der Eingriffe die erhoffte Wirkung haben.

Vor allem liegt nach Meinung vieler Kommentato­ren die Ursache des Übels woanders. Sie wähnen den Konjunktur­killer im Weißen Haus: „Senkt die Trump-Unsicherhe­itsSteuer!“, überschrie­b das konservati­ve Wall Street Journal einen Leitartike­l und forderte die Abkehr des Präsidente­n von seinen Strafzölle­n. Dass Trump dem Ratschlag folgt, ist ausgeschlo­ssen. Im Gegenteil: Nachdem China am Freitag Vergeltung­szölle auf US-Waren im Volumen von 75 Milliarden Dollar verhängt hatte, holte der Präsident die große rhetorisch­e Keule heraus: „Wir brauchen China nicht, und, ehrlich gesagt, ginge es uns ohne es besser“, twitterte er.

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Foto: dpa An der Wall Street beachtet man die Konjunktur­entwicklun­g genau.

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