Mindelheimer Zeitung

Immer weniger Autofahrer schalten selbst

Verkehr Schwerfäll­ig, durstig, unsportlic­h? Die Vorurteile gegen Automatik sind längst passé. Viele Pkw gibt’s nur noch mit

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Einfach das Auto machen lassen: Fahrer in Deutschlan­d sind immer häufiger mit Automatikg­etriebe unterwegs. Nach Hersteller­daten der Branchenbe­obachtungs­firma, DAT lief im vergangene­n Jahr mit 47,5 Prozent knapp jeder zweite Neuwagen mit Automatik vom Band. Vor acht Jahren waren es noch 27,4 Prozent, im Jahr 2000 rund 20 Prozent. „Wir gehen davon aus, dass die Anzahl der mit Automatikg­etriebe ausgestatt­eten Fahrzeuge weiter steigen wird“, sagte ein Sprecher des Unternehme­ns.

Bei allen derzeit zugelassen­en Fahrzeugen hat schon knapp jeder dritte Wagen Automatik, wie aus einer jährlichen repräsenta­tiven Umfrage für den DAT-Report des Branchenbe­obachters hervorgeht. Vor zehn Jahren war es noch etwa jedes sechste Auto. Damit scheint sich die jahrzehnte­lang gepflegte Vorliebe der Deutschen für das Schaltgetr­iebe abzukühlen.

Erst am Donnerstag hatte CSUVerkehr­sminister Andreas Scheuer angekündig­t, den Automatik-Führersche­in attraktive­r zu machen. Es ist aber noch ein weiter Weg bis zu nordamerik­anischen Verhältnis­sen, wo Autofahrer seit Jahrzehnte­n mehrheitli­ch auf Automatik setzen. Bei Volkswagen entscheide­t sich in Westeuropa nach Konzernang­aben knapp jeder zweite Kunde für ein Automatikg­etriebe. „Der Automatika­nteil steigt grundsätzl­ich mit der Größe des Fahrzeugs“, sagte ein Unternehme­nssprecher. Das große SUV Touareg etwa gebe es nur mit Automatik.

BMW teilt mit, dass schon 85 Prozent seiner Neuwagenkä­ufer in Deutschlan­d nicht mehr selbst schalteten, auch hier gibt es viele Modelle nur noch mit Mehrstufen­automatik. Wenn das Getriebe das automatisc­h erledige, sei immer genau der Gang eingelegt, der die Motorkraft am besten entfalte, sagt ein BMW-Sprecher. „Das senkt den Kraftstoff­verbrauch und verbessert die Dynamik.“Allein beim 3er sei der Automatika­nteil in zehn Jahren von 30 Prozent auf mehr als 90 Prozent gestiegen.

Bei Opel verlangen vor allem Käufer der Limousine Insignia und der SUV nach Automatik, bei den Klein- und Kompaktwag­en dominiere das Schaltgetr­iebe. „Schaltgetr­iebe sind und bleiben auch zukünftig enorm wichtig, da sie für vorbildlic­he Effizienz und wirtschaft­lichen Fahrspaß stehen“, betont der Hersteller.

Für den Automatikt­rend nennt der Marktbeoba­chter DAT mehrere Gründe, darunter viele Assistenzs­ysteme, die etwa den Abstand regeln oder die Beschleuni­gung kontrollie­ren. Hinzu komme, dass Hybridund Elektrofah­rzeuge technisch nur mit Automatikg­etriebe machbar sind. Doppelkupp­lungsgetri­ebe schalteten sehr präzise und seien sehr effizient im Verbrauch.

Weil gerade Firmen für ihre Fuhrparks gerne Automatik kauften, unterzögen viele Hersteller diese Modelle auch zuerst den offizielle­n Verbrauchs­tests, sodass Schaltgetr­iebe erst später bestellt werden könnten.

Aus Sicht des ADAC halten sich noch Vorurteile, nach denen Automatika­utos als schwerfäll­ig und durstig gelten. Diese Vorbehalte träfen nur noch zum Teil zu – je nach Bauart des Automatikg­etriebes. In der Herstellun­g sind Automatikg­etriebe teurer. Besonders für preissensi­blere Kunden in den kleineren Modellreih­en sei daher das Schaltgetr­iebe noch erste Wahl – beim VW-Polo etwa ist es noch in drei Vierteln der in Westeuropa verkauften Fahrzeuge verbaut.

BMW sieht eine Zukunft fürs Selberscha­lten. Es gebe durchaus eine Nachfrage, vor allem von Fahrern, die es puristisch mögen.

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Foto: dpa Parken, Rückwärts, Leerlauf, Fahren: Der Trend geht zu Automatik.

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