Barockes Theater in funkelnder Reinform
Bayerisches Welterbe Was das Markgräfliche Opernhaus von Bayreuth so besonders macht (Serie, Teil 7)
Die historische Augsburger Wasserversorgung ist nun Unesco-Welterbe. Wir stellen in einer Serie alle acht historischen Stätten in Bayern vor, die sich mit diesem Titel schmücken dürfen. Bayreuth Warum sollte ein Zeitungsartikel nicht auch mal tückisch beginnen? Frage: Wo in Bayreuth erklang schon 15 Jahre nach der Uraufführung Richard Wagners romantische Oper „Tannhäuser“? Und noch eine Frage: Wo dirigierte der Komponist erstmals selbst in der oberfränkischen Provinzstadt Beethovens neunte Sinfonie?
Ganz klar, werden bei diesen beiden Fragen viele meinen – es wird sich doch wohl um das berühmte Festspielhaus auf dem Grünen Hügel handeln! Aber diese Antwort wäre falsch, das ist die Tücke.
Die richtige Antwort lautet: im Markgräflichen Opernhaus unten in der Altstadt, das schon viel, viel länger steht als das 1875 fertiggestellte Festspielhaus auf dem Grünen Hügel oben. Das auch weit prunkvoller glänzt und – kulturhistorisch betrachtet – wertvoller ist. Weil es in authentischer Reinform eines der ganz wenigen noch existierenden Barock-Theater darstellt und deswegen auch 2012 zum UnescoWeltkulturerbe erklärt worden war.
Dass dieses Markgräfliche Opernhaus in den Jahren zwischen 1744 und 1750 in dem damals nur wenige tausend Bürger fassenden Bayreuth entstand, ist einer hoch gebildeten und künstlerisch tätigen Frau zu verdanken, der Lieblingsschwester Friedrichs des Großen: Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen, später die Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth.
Sie schrieb nicht nur Opernlibretti, sondern komponierte auch selbst und leitete, sozusagen als eine sehr frühe „Intendantin“, das nicht mehr existente alte Opernhaus von Bayreuth. Dieses aber entsprach nicht ganz den Anforderungen ihrer künstlerische Kragenweite – und so entstand dann eben in unmittelbarer Nähe das Markgräfliche Opernhaus, das 1748 anlässlich der Vermählung ihrer Tochter Elisabeth Friederike Sophie und noch vor der endgültigen Fertigstellung unter anderem mit der barocken Oper „Artasere“von Johann Adolph Hasse eingeweiht wurde.
Wenn das eindrucksvolle Theater heute wieder frisch und licht im Originalzustand erstrahlt, dann ist das seiner sechsjährigen Sanierung bis 2018 zu verdanken, in deren Rahmen das Bühnenportal seinen ursprünglichen Abmessungen angeglichen wurde und die Holzinnenarchitektur und der ungewöhnlich weit ausgreifende hölzerne Dachstuhl eine grundlegende Überarbeitung erfuhren.
So schön wie heute aber funkelte das Markgräfliche Opernhaus nicht ständig. Nach Wilhelmines Tod 1758 setzte eine höchst wechselvolle Geschichte für das teure und für Bayreuth im Grunde überdimensionierte Theater ein. Erst wurde das Angebot eingeschränkt, dann eingestellt – bis schließlich das Haus über viele, viele Jahrzehnte hauptsächlich von Wandertheatern als Gastspielort genutzt wurde, mitunter aber auch als Trocknungsraum für Mehl und für militärische Zwecke.
Immerhin fanden dort aber auch im ausgehenden 18. sowie im 19. Jahrhundert ausgesprochen frühe Bayreuther Erstaufführungen bedeutender Opern statt: „Zauberflöte“(1792), „Freischütz“(1822), „Fidelio“(1834) und eben der „Tannhäuser“(1860), letzterer als Produktion der Coburger Bühne – noch so ein schönes oberfränkisches, wenn auch jüngeres Theater.
Und damit ist der Bogen geschlagen zu Richard Wagner, dem für seine musikdramatischen Zwecke das Markgräfliche Opernhaus von Bayreuth zu beengt blieb, der aber dennoch in dieser Stadt eine Bühne allein für sein Werk zu errichten beabsichtigte. 1872 dirigierte er im Markgräflichen Opernhaus die Neunte Beethovens. Anlass war die Grundsteinlegung des Festspielhauses auf dem Hügel.