Ein Western aus dem Osten
Polizeiruf 110: Heimatliebe
ARD, 20.15 Uhr Sie gehören ja nicht gerade zu den Highlights des Sonntagabends, die an der polnischen Grenze unweit der Oder spielenden Krimis der Reihe „Polizeiruf 110“. Allzu oft hat man auch die Hauptkommissare Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) ziemlich lustlos ihrem Job nachgehen sehen.
„Heimatliebe“unterscheidet sich aber in seiner soziologischen Vielschichtigkeit von manchem Vorläufer. Denn es ist gar nicht mal der Mord an dem polnischen Bauern Wojciech Sekula (Grzegorz Stosz), der mit seiner deutschen Frau Jenny (Anna König) und Sohn Tomasz (Joshio Marlon) in bescheidenen Verhältnissen lebte, der Spannung in die Tragödie bringt. Vielmehr geht es um die Probleme deutschpolnischer Vergangenheit, die auch heute noch samt Vorurteilen eine bedeutsame Rolle spielen.
Eines Nachts brennt der SekulaHof ab, der aufgrund seines guten Bodens hochattraktiv für deutsche Agrokonzerne ist. Jenny will den Verkaufserlös, den ein Pole anbietet, mit Tomasz teilen und zurück nach Deutschland. Doch Tomasz hängt an der Scholle. Auch sein Onkel Andrzej, ein nationalistisch gesonnener Proll, stellt sich gegen die „deutsche Schlampe“. Dem Ermittlerduo, das sich gern anschreit – was nicht hilfreich ist – dämmert allmählich, dass sich nicht nur politische Spinner wie der Reichsbürger, der vom alten Kaiserreich schwärmt, aufmandeln. Olgas Zwischenfazit: „Wenn etwas keinen Sinn macht, dann folge dem Geld.“
„Heimatliebe“kommt einem vor wie ein Eastern, der den Gesetzen des Western folgt. Ob Autor und Regisseur Christian Bach seine parallele Erzählweise bewusst war? Überlandfahrten, die Oder als noch immer symbolische Grenze, das Beschwören des eigenen Grund und Bodens, die wie stolze Indianerhäuptlinge vertriebenen Erben deutscher Gutsherren.
Ob der „Polizeiruf 110“aus Polen Luft nach oben hat, ist fraglich. Lucas Gregorowicz fehlt als Raczek das Charisma; Maria Simon will 2020 als Olga aussteigen. Rupert Huber