Der besondere Wald eines Baumsammlers
Hobby Josef Riedler hat bei Ebershausen einen historischen Mittelwald angepflanzt. Außerdem sammelt er Bäume
Ebershausen „Fleur“steht auf einem roten Schild an dem jungen Baum. „Meine Schwiegertochter heißt Fleur“, erklärt Josef Riedler. „Ihr habe ich den Baum gewidmet, sie hat mich dieses Jahr an Ostern besucht.“Und so trägt der Kamelienbaum, der einmal schöne Blüten haben wird, ihren Namen.
Josef Riedler geht ein Stück weiter. „Der Bienenbaum ist für meinen Nachbarn, er hat neben seinem Acker ein breites Stück Blumenwiese gesät, deshalb habe ich für ihn den Bienenbaum gepflanzt,“fährt Riedler fort. Jeder Baum hat seine Geschichte, zumindest in dem Teil des etwa drei Hektar großen Grundstücks bei Ebershausen, das Riedler sein Arboretum, also seine „Baumsammlung“, nennt.
Der aus München stammende Riedler sammelt Bäume. „Das ist mein Hobby“, sagt er. „Wie andere Menschen Briefmarken sammeln, sammle ich Bäume.“Besonders schöne Blüten und besonderes Herbstlaub haben es ihm beim Sammeln angetan. Für seine Enkelin hat er einen Taschentuchbaum ausgesucht. „Er sieht aus, als würde er winken,“erklärt er. Den Rotahorn hat er aus Irland mitgebracht. Besonders gut gefällt ihm der Schneeglöckchenbaum. Auch die Christbäume der vergangenen Jahre haben bei Ebershausen einen Platz gefunden. „Das ist der vorletzte Christbaum meiner Mutter“, erläutert er auf einen Baum deutend.
Ein kleineres Arboretum hat Riedler schon vor vielen Jahren auf seinem Grundstück in Irland angelegt. In Nordirland verbrachte er sein Berufsleben, der 69-Jährige hatte dort eine Spedition mit zahlreichen Angestellten. Irland ist noch immer Riedlers zweiter Wohnsitz. 120 Rhododendren und Kamelien sind in seinem irischen Garten zu finden – die Winter dort sind nicht ganz so kalt. Himalaja-Birken zieren die Einfahrt zum Haus, erzählt Riedler. Damit das leuchtende Weiß in Kombination mit den daneben wachsenden roten Sträuchern besser Geltung kommt, ließ er die Rinde sogar schon abwaschen, berichtet er weiter.
Ästhetik ist auch im Arboretum in Ebershausen ein Thema. Inspiriert haben Riedler zahlreiche Aufenthalte in den USA. Bereiche, die im Herbst rot und gelb leuchten, sind in Ebershausen angelegt. Scharlacheichen oder Sumpfeichen sind hier zu finden. Auch eine Eiche, die auf Barbados heimisch ist, wächst in der Nähe. „Für den Schwiegersohn meiner Lebensgefährtin eingepflanzt“, erklärt er. Er ist aus Barbados. Diesen Winter hat die besondere Eiche überstanden. Die Eschenartigen haben unter dem Frost der frühen Mainächte gelitten. Das sei jedoch kein Problem, versichert Riedler. Spätestens an Johanni würden die Bäume nochmals treiben, erklärt der Baumsammler.
Riedler hatte beruflich nicht mit der Natur zu tun. Aber Bäume, Pflanzen und Tiere haben es ihm schon immer angetan. Sein Opa aus der Oberpfalz, bei dem er als Kind die Ferien verbrachte, hat die Begeisterung geweckt, ein Lehrer in der Schule gefördert. Er kennt die genaue Bezeichnung eines jeden Baumes, weiß, zu welcher Familie er gehört. „Die Eiche ist ja eigentzur lich ein Buchengewächs“, erläutert er unter anderem beim Rundgang durch seinen Wald. Deshalb stehen Eichen und Buchen hier gemeinsam. „Sie ziehen sich gegenseitig hoch“, erläutert er. Was heißen soll: Gemeinsam wachsen die Bäume schneller, weil jeder zum Licht strebt. Ein schnell wachsender Baum neben einem LangsamWachser zieht den anderen hoch. Das ist eines der Dinge, die er ausprobiert hat. „Manche klappen, andere nicht“, sagt er. Was ihn fasziniert: „Jeder Baum hat seine Bedeutung, seinen Sinn und seine Verwendung, auch wenn er tot ist.“
12.000 Bäume hat Riedler, der in Deisenhausen wohnt, bei Ebershausen gepflanzt. Der kleinere Teil ist Arboretum, den weitaus größeren Teil des Grundstücks macht sein historischer Mittelwald aus, den er anpflanzen ließ. Laubgehölze wie Eichen, Hainbuchen und Wildkirschen wachsen hier unter anderem. Auch Linden wurden gepflanzt. „Das Grundstück heißt schließlich Lindenberg“, begründet Riedler. Einzelne schnell wachsende Zitterpappeln sind dazwischen. „Damit das Gefühl von Wald entsteht.“
Aber was ist ein Mittelwald? „Das war früher die einzige Form forstwirtschaftlicher Waldnutzung“, erklärt er. Der Hochwald lieferte mit Eicheln und Bucheckern Nahrung beispielsweise für Schweine, die im Wald gehalten wurden. Im Niederwald konnte das Holz der Hainbuche immer wieder geschlagen werden und als Brennholz verwendet werden – die Hainbuche kann abgeschnitten werden und wächst vom Stamm her nach.
3000 Bäume haben die Wühlmäuse im ersten Jahr der Pflanzung erledigt. Mittlerweile hat Riedler das Problem im Griff. Es ist ihm gelungen, über angehäuftes Altholz und hohle Apfelbäume mehrere Wiesel anzusiedeln. Rehe hat er mittels eines Zaunes bislang vom Grundstück ferngehalten, um die jungen Bäume vor Verbiss zu schützen. So langsam will er es aber öffnen, an einigen Stellen ist der Zaun geöffnet. Eingedrücktes Gras an einer sonnigen Stelle zeigt: Hier hat es sich auch schon ein Reh gemütlich gemacht.
Das Grundstück bei Ebershausen hatte es Josef Riedler von Anfang an angetan. Hier hat er vor vielen Jahren eine Feder vom seltenen Roten Milan gefunden. Der Greifvogel ist noch immer da, irgendwo in den alten Fichten, die schon vor der Anlage des Mittelwaldes im oberen Bereich standen. Riedler denkt schon an das nächste Projekt: Auf seinem Haselgrundstück soll ein Park entstehen, der „Dyspark“. Zwei Mammutbäume wachsen hier bereits.