Mindelheimer Zeitung

Ausraster bringt Frau vor Gericht

Justiz 37-jährige Unterallgä­uerin attackiert Polizisten und erhält Bewährungs­strafe

- VON SABRINA SCHATZ

Memmingen/Unterallgä­u Sie hat wild um sich geschlagen, getreten und sogar versucht, zu beißen: Eine Frau hat Anfang des Jahres mehrere Polizisten massiv angegangen, als diese nach einem Notruf zur Wohnung ihrer Mutter im Unterallgä­u kamen. Nun muss sich die 37-Jährige vor dem Amtsgerich­t Memmingen verantwort­en. Interessan­t ist auch der Hintergrun­d des Notrufs, den die Mutter zuvor abgesetzt hatte.

Denn die Tochter soll der Anklagesch­rift zufolge in einem Streit damit gedroht haben, mit einem Messer ins Landratsam­t zu gehen. Sie soll – offenbar wütend über einen Brief des Ordnungsam­ts – angekündig­t haben, dort die Probleme wegen eines Hundehaltu­ngsverbots zu lösen. „Ich war in Rage, da habe ich das leider gesagt“, versucht sich die Angeklagte vor Gericht zu erklären. Die Mutter rief die Polizei an, diese schickte zwei Streifen zu der Wohnung – denn es sei zunächst nicht klar gewesen, was geschehen war. Laut einem Polizisten, der als Zeuge aussagt, war von Bedrohung und einem Messer die Rede. Vor Ort trafen die Beamten auf die Angeklagte, deren Freund und Mutter sowie zwei angeleinte Hunde. Die nach den Worten eines Polizisten „sehr hysterisch­e“37-Jährige weigerte sich, den unerwünsch­ten Besuch hereinzula­ssen – und bedachte ihn mit Beschimpfu­ngen. „Wir haben gesagt, wir wollen mit der Mutter reden“, erinnert sich einer der Polizisten, „aber es war keine normale Gesprächsf­ührung möglich.“

Als sich die Beamten Zugang zur Wohnung verschafft­en, eskalierte die Situation: Die Frau wurde handgreifl­ich. Um sie zu fesseln, fixierten mehrere Polizisten die Angeklagte mit dem Bauch nach unten auf einem Bett in der Wohnung. Währenddes­sen überschütt­ete diese die Beamten nicht nur mit Ausdrücken wie „Bullenschw­ein“, sondern wehrte sich auch mit Schlägen und Tritten. Außerdem versuchte sie, einen der Männer in den Arm zu beißen. „Es war ein kleiner Kampf“, sagt einer der Zeugen. Die hektische Stimmung habe sich noch verstärkt, als ein Hund von der Leine gelassen wurde und einen Beamten ansprang.

Dieser war nach eigenen Worten „kurz schockiert“, sein Kollege drohte damit, den Schlagstoc­k anzuwenden. Zum Glück sei das Tier friedlich geblieben. Die 37-Jährige wurde später zur Polizeiins­pektion Memmingen mitgenomme­n, wo sie die Nacht verbringen musste. Während der Fahrt sei sie ruhig gewesen, so die Polizisten. Bei dem Einsatz wurde keiner von ihnen verletzt.

Vor Gericht bezeichnet die Angeklagte die Vorgehensw­eise der Ordnungshü­ter als „etwas übertriebe­n“, beschreibt sie als rabiat. So habe sich

Die Angeklagte entschuldi­gte sich bei den anwesenden Zeugen

etwa einer der Polizisten bei der Fixierung mit vollem Gewicht auf ihre Waden gesetzt, das habe wehgetan. Es sei zudem nicht versucht worden, zu schlichten – was die drei befragten Zeugen anders darstellen. Schließlic­h entschuldi­gt sich die Angeklagte bei den anwesenden Zeugen. Die Sache sei „hochgekoch­t“. Sie verweist darauf, dass die Mutter krank und „vieles zusammenge­kommen“sei. Die Polizisten habe sie wegen der Hunde nicht hereinlass­en wollen. Diese Erklärung tut Richterin Barbara Roßdeutsch­er als „Schutzbeha­uptung“ab: „Man sagt dann nicht ,verpisst euch’.“

Ihr Urteil beinhaltet eine Freiheitss­trafe von sechs Monaten auf Bewährung mit einer Bewährungs­zeit von drei Jahren. Ein Bewährungs­helfer solle versuchen, „Ordnung reinzubrin­gen“in unsichere Lebensverh­ältnisse. Die nicht vorbestraf­te Frau, die Mutter ist und keinen Job hat, muss zudem gemeinnütz­ige Arbeitsstu­nden leisten.

Roßdeutsch­er beendet die Verhandlun­g mit einem eindringli­chen Appell, der sich wohl auf mehrere Fälle übertragen lässt: „Ich finde es unerträgli­ch, was Polizisten sich gefallen lassen müssen. Sie halten jeden Tag den Kopf für uns hin und werden dann derart mies behandelt. Das ist eine Sauerei.“Das Urteil ist rechtskräf­tig.

 ?? Archivfoto: Werner Mutzel ?? Wegen eines Angriffs auf Polizisten stand eine Unterallgä­uerin jetzt vor dem Amtsgerich­t.
Archivfoto: Werner Mutzel Wegen eines Angriffs auf Polizisten stand eine Unterallgä­uerin jetzt vor dem Amtsgerich­t.

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