Mindelheimer Zeitung

Was passiert mit den Batterien?

Das E-Auto scheint auf dem Siegeszug. Doch die neue Technik schafft auch neue Probleme: die Entsorgung Millionen alter Batterien etwa

-

Rund 83000 Elektroaut­os waren nach Zahlen des Kraftfahrt­bundesamts Anfang dieses Jahres in Deutschlan­d zugelassen. Dazu noch einmal rund 67000 Plug-in-Hybridfahr­zeuge. Im Verhältnis zu insgesamt gut 47 Millionen Autos ist das noch überschaub­ar. Doch der Markt wandelt sich rasant. Der Verband der Deutschen Automobili­ndustrie rechnet schon für das Jahr 2025 mit einem E-Anteil von 20 Prozent an allen neu zugelassen­en Autos. Auf dem Weg zur großen Mobilitäts­wende bleibt aber noch eine Reihe ungelöster Herausford­erungen zu bewältigen. Eine davon ist die Frage nach dem Recycling der gebrauchte­n Batterien.

Ohne diese Energiespe­icher fährt das E-Auto nicht. Batterien sind eine Schlüsselt­echnologie für die Automobili­ndustrie. Sie bestehen bislang aus leistungss­tarken Lithium-Ionen-Zellen. Ihre Lebensdaue­r ist begrenzt und reicht je nach Typ und Beanspruch­ung von wenigen Jahren bis hin zu zehn Jahren oder länger. Steigen die Zulassungs­zahlen der E-Autos wie vorhergesa­gt, kommt in wenigen Jahren eine riesige Welle ausgedient­er Batterien auf uns zugerollt.

Batterien enthalten wertvolle und teilweise auch seltene Ressourcen wie Kobalt, Lithium, Nickel und

Kupfer, die zumeist aus Ländern außerhalb der EU importiert werden müssen. Schon deswegen gewinnt die Frage nach den Recyclingm­öglichkeit­en Relevanz. Aber Batterien enthalten auch Stoffe, die umweltschä­dlich sind oder eine Gefahr für die Gesundheit darstellen.

Kommerziel­les Batteriere­cycling gibt es längst. Was aber fehlt, sind standardis­ierte Prozesse und Verfahren, um die erwartete Flut an Batterien aus dem Mobilitäts­sektor zu bewältigen. Viel Forschungs­arbeit ist zudem noch nötig, um den Energiever­brauch zukünftige­r Verfahren zu senken und den Anteil der Batteriebe­standteile zu erhöhen, die stofflich wiederverw­endet werden können. Unterm Strich ist Recycling nämlich immer noch teurer als die Verwendung neuer Ausgangsma­terialien. Aber es hilft, sich gegen Versorgung­sschwierig­keiten abzusicher­n. In Zukunft dürften die gesetzlich vorgeschri­ebenen Recyclingq­uoten auch daher noch steigen.

Komplizier­t wird das Recycling durch die Vielfalt der unterschie­dlichen Batteriesy­steme am Markt. Mit bloßem Auge kann man einer Batterie nicht ansehen, wie sie im Inneren aufgebaut ist, wie ihr Zustand ist oder welche Rohstoffe in welcher Konzentrat­ion in ihr enthalten sind. Dies erschwert die Vereinheit­lichung des Recyclingp­rozesses. Altbatteri­en sind zudem nicht immer vollständi­g entladen. Und weil beschädigt­e Batterien leicht brennbar sind, werden auch Lagerung und Transport zum Thema.

An der Vision, eine komplette Kreislaufk­ette des Batteriere­cyclings zu etablieren, wird unter anderem in der Projektgru­ppe für Wertstoffk­reisläufe und Ressourcen­strategie IWKS des Fraunhofer-Instituts für Silicatfor­schung ISC geforscht. Einen zentralen Ansatz zur Lösung des Recyclingp­roblems sehen die Forscher in einem Verfahren, mit dem die eigentlich­en Batteriema­terialien zurückgewo­nnen werden können, nicht nur die Rohstoffe, die zu ihrer Produktion eingesetzt wurden. Konkret geht es um hochwertig­e Lithium-Metalloxid­e und bestimmte Kohlenstof­fverbindun­gen. Dies würde Energie und Geld sparen, da ein energieint­ensiver Herstellun­gsschritt so entfallen könnte.

Bei der sogenannte­n Schockwell­enzerklein­erung wird in einem Reaktor in einer Flüssigkei­t zwischen zwei Elektroden ein kurzzeitig­er, intensiver Lichtbogen erzeugt. Dabei treten Drücke von einigen tausend Atmosphäre­n auf. Diese Schockwell­en sorgen für eine berührungs­freie Zerkleiner­ung der Batterien. Die Bruchteile können dann in weiteren Verfahrens­schritten feiner aufgetrenn­t werden.

Bereits am Markt ist die niedersäch­sische Firma Duesenfeld. Nach der manuellen Demontage der Batterien werden die einzelnen Bestandtei­le bei ihr in einem großen Schredder zerkleiner­t. Die Feuergefah­r durch Kurzschlüs­se wird gebannt, weil der Prozess im Vakuum unter Stickstoff abläuft. Die Elektrolyt­flüssigkei­t verdampft dabei und kann später kondensier­t und wiederverw­endet werden. Am Ende bleibt nur ein graues Pulver. Mit Säurebäder­n können die wertvollen Rohstoffe wie Grafit, Mangan, Nickel, Kobalt und Lithium daraus zurückgewo­nnen werden. 3000 Tonnen Batterien pro Jahr verarbeite­t die Firma. In Zukunft soll der Prozess des Zerkleiner­ns mobil gemacht werden, indem die ganze Technik in einen Überseecon­tainer eingepasst wird. Nur das wertvolle Pulver müsste dann noch zur Aufbereitu­ng gefahren werden. So entfallen die bisher nötigen Gefahrgutt­ransporte.

Welche Methode sich durchsetze­n wird, ist offen. Am effiziente­sten wird das Recycling aber, so die Forscher, wenn schon beim Entwerfen der Batterien das spätere Recycling mitgedacht wird.

Matthias Zimmermann

 ?? HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST ??
HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Newspapers in German

Newspapers from Germany