Der Mond ist aufgegangen
Letzte Woche schaute ich zufällig aus dem Badezimmerfenster. Über dem Dach des Nachbarhauses hinter dem Zwetschgenbaum schimmerte es golden-gelb. Schnell machte ich das Licht aus. Erst jetzt konnte ich so richtig die Schönheit genießen. Rund und groß ging der Mond dort auf. Er leuchtete intensiv und schien auf einmal zum Greifen nah. Ich holte meinen Mann und gemeinsam versuchten wir mit unserem Fotoapparat dieses wundervolle Bild einzufangen. Schnell stieg der Mond auf, zeigte dann seine volle Pracht. Doch jedes auch noch so gelungene Foto konnte den wunderbaren Moment des Augenblicks nicht abbilden.
Da wurde mir etwas wieder bewusst. So oft sind wir im Leben damit beschäftigt, alles mit dem Foto festzuhalten, um es mit anderen zu teilen oder stolz auf Instagram, Facebook usw. zu posten. Dabei sind wir oft so beschäftigt, den Moment oder unser Leben in Szene zu setzen, dass wir den Augenblick an sich oft verpassen.
Ich hielt inne, legte die Kamera beiseite. Andächtig blicke ich zum Mond hinauf, der höher stieg und langsam seinen orangegoldenen Schimmer verlor. Das war ein wunderbarer Augenblick, den ich in mir bewahren möchte. „Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar.“Ich denke, Matthias Claudius beschreibt in seinem Gedicht genau solche Augenblicke. Momente, in denen sich Himmel und Erde berühren, sind für uns selbst gedacht. Aus ihnen schöpfte ich neue Kraft, um mich den Herausforderungen des Lebens zu stellen.
Zwischen Himmelsglanz, „stiller Kammer“und „des Tages Jammer“spannt sich unser Alltag auf. Mit der Kraft von oben kann mein Leben gelingen. Wenn ich in die Weiten des Himmels blicke, dann öffnet sich auch mein Horizont und die Menschen um mich herum kommen in mein Blickfeld. So schließt das bekannte Abendlied: „und lass uns ruhig schlafen und unseren kranken Nachbarn auch.“