Mindelheimer Zeitung

Fahren manchmal Waschmasch­ine

Diese Helfer Seenotrett­er werden gerufen, wenn Menschen auf See in Not sind

- VON CORINNA SCHWANHOLD

Der Wind heult, es rauscht und Wasser spritzt! An manchen Tagen türmen sich riesige graue Wellen mit weißen Schaumkron­en vor der „Alfried Krupp“auf und schlagen über dem Schiff zusammen. „Waschmasch­ine fahren“sagen die Seemänner zu solchen Situatione­n.

Das erleben sie zum Glück nur selten, wenn die Nordsee vor der Insel Borkum besonders stürmisch ist. Dann sollten Schiffe besser nicht aufs Meer fahren. Die Männer haben aber keine Wahl. Denn die „Alfried Krupp“ist ein Rettungssc­hiff. Es gehört zu einer Organisati­on, die Menschen in Seenot rettet. „Wir haben Respekt vor dem Meer, aber keine Angst. Sonst könnten wir den Job nicht machen“, sagt Kai Pahlke.

In ihrer Dienstzeit sind sie fast ununterbro­chen an Bord

Er und seine Kollegen müssen sich heute keine Gedanken um das Wetter machen. Der Himmel über Borkum ist blau und die See ist ruhig. Keine Gefahr in Sicht. Trotzdem sind die vier Seenotrett­er an Bord der „Alfried Krupp“. Sie arbeiten nicht nur auf dem Schiff, sondern leben auch dort. Jeweils zwei Wochen am Stück haben sie Dienst, dann werden sie abgelöst. In ihrer Dienstzeit sind sie fast rund um die Uhr auf dem Schiff. Dort haben sie eigene Kabinen. Außerdem gibt es eine kleine Küche, ein Bad und einen Tisch. Dort sitzen die Männer jetzt zusammen und reden über einen Einsatz am Vortag.

Sie waren mit ihrem Schiff zu Besuch bei Seenotrett­ern an der nahe gelegenen niederländ­ischen Küste. Dann kam ein Notruf rein: Der Kapitän eines Sportboots war über Bord gegangen. „Wir sind stundenlan­g über die Nordsee gefahren und haben den Mann gesucht“, sagt Retter Ralf Brinker. Trotzdem konnten sie den Schiffbrüc­higen nicht finden. Am Ende gab es eine gute Nachricht: Der Mann war aus eigener Kraft an Land geschwomme­n.

Das war einer von vielen Einsätzen für die Seenotrett­er. Sie haben schon ganz unterschie­dliche Situatione­n erlebt: Mal ist der Motor eines Fischkutte­rs kaputt und die „Alfried Krupp“schleppt das Schiff ab. An anderen Tagen müssen sie Kranke von der Insel zum Festland bringen oder Schiffbrüc­hige aus dem Wasser ziehen. Sogar brennende Schiffe können die Seenotrett­er löschen.

Heute gab es noch keinen Einsatz. Aber dann klingelt das Telefon von Ralf Brinker. Ein Notfall auf See? Zum Glück nicht. Die Kollegen vom benachbart­en Stützpunkt der Bundeswehr fragen, ob die Seenotrett­er am Abend eine gemeinsame Übung machen wollen. Die Soldaten wollen sich von ihrem Hubschraub­er auf die „Alfried Krupp“abseilen, um den Ernstfall zu proben. „Können wir machen“, sagt Ralf Brinker. Für die Seenotrett­er ist eben kein Tag wie der andere.

(dpa)

Kai Pahlke arbeitet auf dem Seenotrett­ungsschiff „Alfried Krupp“. Wenn er Dienst hat, lebt er zwei Wochen lang an Bord.

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Fotos: Corinna Schwanhold, dpa Das ist die „Alfried Krupp“im Borkumer Hafen.
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So sieht es unter Deck der „Alfried Krupp“aus.
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Das Seenotrett­ungsschiff ist medizinisc­h so gut ausgestatt­et wie ein Krankenwag­en.
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Mit dieser Wasserkano­ne auf dem Deck der „Alfried Krupp“können die Seenotrett­er auch brennende Schiffe löschen.

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