Es soll das Abenteuer ihres Lebens werden
Reise Mit einem Auto, das über 20 Jahre alt ist, sind Matthias Hillenbrand und Johannes Schindler auf einer Rallye über den Balkan unterwegs. Sie wollen ihren Horizont erweitern und bringen Spenden in ein albanisches Kinderheim
Edelstetten Es soll das Abenteuer ihres Lebens werden. Matthias Hillenbrand und Johannes Schindler sind von Graz aus zum „Adventure Roadtrip durch den Balkan, Pothouse Rodeo“aufgebrochen, einer Rallye, die schon seit mehreren Jahren veranstaltet wird. Gefahren wird in uralten Kisten. Teilnahmebedingung ist ein über 20 Jahre altes Auto, das nicht mehr als 500 Euro gekostet haben darf. Also wird die Tour sicher kein lockerer Trip mit allen Annehmlichkeiten, sondern eine echte Herausforderung, ein Rodeo eben.
Kurz vor dem Aufbruch in Edelstetten wuchs die Nervosität bei den beiden jungen Männern. Seit einem halben Jahr haben sie sich vorbereitet. Jeden Tag und alle Wochenenden mussten sie an dem alten BMW e36 323i von 1996
„Wenn wir etwas reparieren oder einbauen, entdecken wir immer wieder die nächste Baustelle.“
Matthias Hillenbrand/Johannes Schindler
schrauben. „Wenn wir etwas reparieren oder einbauen, entdecken wir immer wieder die nächste Baustelle. Es will einfach kein Ende nehmen,“sagen sie. Dabei sind die beiden, Matthias, der Land- und Baumaschinenmechaniker und Johannes, der Metallbauschlosser, vom Fach und können die notwendigen Sanierungsarbeiten an der alten Kiste selbst ausführen. „Es ist sehr schwer, überhaupt ein Auto mit TÜV für 500 Euro zu bekommen,“fahren sie fort.
Manchmal, bei den nicht enden wollenden Reparaturen, haben sie sich über ihre eigene Chuzpe und Naivität gewundert, mit der sie sich ganz spontan und ohne große Überlegung auf das Abenteuer eingelassen haben. Doch inzwischen sind sie trotz aller Mühen Feuer und Flamme. „Das Abenteuer ruft, und wenn wir das nicht jetzt machen, wo wir jung und ungebunden sind, wann denn dann?“, fragen sie. Neben der Sorge um das Auto stand bis zur letzten Minute auch das Spendensammeln für das albanische Kinderheim. Die Veranstalter suchen jedes Jahr ein Projekt aus, das dann von den Rodeo-Teilnehmern unterstützt wird. Sie erwarten sich einiges von ihrer Tour, die sie in zehn Tagen von Österreich über Ungarn und Rumänien nach Bulgarien ans Schwarze Meer und über Mazedonien und Griechenland zurück über Albanien und den Kosovo, Montenegro, Bosnien Herzegowina nach Zadar in Kroatien führen wird, wo das große Abenteuer endet.
„Wir waren ja noch nie so richtig im Ausland,“gesteht Matthias Hillenbrand. „Der Gardasee und der Ballermann, das zählt ja nicht, da ist man ja die ganze Zeit nur unter Landsleuten,“erläutert er. Nun soll es in fremde Länder gehen. Zu Menschen, derer Sprache man nicht spricht, deren Lebensumstände so völlig anders sind als die eigenen. „Wir hoffen, dass wir viele Kontakte zu den Einheimischen haben können. Schließlich wollen wir die Länder, durch die wir fahren, ja auch kennenlernen. Nicht die touristischen Höhepunkte, sondern das platte Land, so wie es sich für die Einheimischen anfühlt.“
Die beiden sind voller Zuversicht. „Wir haben in den Foren schon viel erfahren und alle berichten davon, dass sie immer auf gastfreundliche und hilfsbereite Menschen gestoßen sind. Daran glauben wir fest.“Dennoch können die beiden jungen Männer nicht einfach auf die Menschen in ihren Gastländern zählen. Für den Normalfall müssen sie auf alle Fälle gerüstet sein und der schließt auch Pannen aller Art ein. „Wir nehmen vier Ermit. Das empfehlen die erfahrenen Fahrer. Die Straßen sollen teilweise extrem schlecht sein. Deshalb kommt auch so viel Werkzeug mit, wie irgend im Auto Platz hat. Wir haben uns einen Dachständer besorgt, denn die ganzen Spenden für das albanische Kinderheim müssen wir ja auch quer durch den Balkan transportieren,“erklären sie. Da heißt es packen mit Augenmaß, denn auch die Campingausrüstung und Lebensmittel müssen mit, ohne das zulässige Gesamtgewicht zu überschreiten. Sie müssen im Vorfeld genau planen, denn sie werden durch Länder kommen, „in die man normalerweise niemals hinfahren würde“und wo man sicher nicht an der nächsten Ecke tanken und einkaufen kann. Aber gerade diese abenteuerliche Seite des Roadtrips ist es, die Matthias und Johannes anspornt, Mutter Hillenbrand allerdings ein wenig skeptisch schauen lässt. Regelmäßige Handymeldungen, um sie von ihren Sorgen zu befreien, gehören deshalb auch zum Pflichtprogramm der jungen Abensatzreifen teurer. Bei denen herrscht die Zuversicht vor. Schließlich wollen sie das „Pothole Rodeo“vor allem nutzen, um den eigenen Horizont zu erweitern und sich mit Lebenssituationen in weniger reichen Regionen auseinanderzusetzen.
„Wir leben hier in großem Luxus, müssen uns keine Gedanken machen, wie wir unser tägliches Leben bestreiten, trotzdem sind viele Menschen bei uns nicht zufrieden. Wir hoffen, auf unserer Tour etwas darüber zu erfahren, wie man ohne Reichtum zufrieden und glücklich sein kann. Es ist ja wohl sogar so, dass die Menschen in den Regionen, die wir bereisen, hilfsbereiter und gastlicher sein sollen, als im reichen Westen Europas.“
4000 Kilometer und zehn Tage haben Matthias (22) und Johannes (21) Zeit, ihre Erfahrungen zu machen. Sie müssen in dieser Zeit nicht nur über Stock und Stein, über Gebirge und ans Wasser fahren, jeden Tag ihr Etappenziel erreichen, das ihnen morgens mitgeteilt wird, sie müssen große Anstrengungen auf sich nehmen, Krisen meistern und in diesen Krisen ihre Freundschaft bewahren.
Und damit nicht genug: Sie müssen jeden Tag auch noch Aufgaben lösen, die ihnen die Rennleitung stellt.