Mindelheimer Zeitung

In der Küche klicken die Handschell­en

Sommerkrim­i, Teil 4 und Schluss Jetzt ist klar, wer den verrückten Schorsch auf dem Gewissen hat. Nicht er sollte bei dem geheimnisv­ollen Krimi-Dinner sterben, sondern jemand, mit dem der Täter noch eine offene Rechnung zu begleichen hatte

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Sommerzeit ist Krimizeit: Damit es in den nächsten Wochen nicht an spannendem Lesestoff fehlt, hat AZ-Redakteur Maximilian Czysz einen Lokalkrimi geschriebe­n. Das ist bisher passiert: Friseurmei­ster Schorsch stirbt bei einem geheimnisv­ollen Krimi-Dinner. Kommissari­n Lara Klar will den mysteriöse­n Todesfall klären. Keine leichte Aufgabe: Denn alle Teilnehmer am Krimi-Dinner sind auf ihre Art verdächtig.

Lara Klar hielt auf einer Wandtafel in ihrem Büro das bisher recherchie­rte Beziehungs­geflecht und alle denkbaren Motive fest.

Dem Baulöwen Hans Hammer soll einmal das Vermögen seiner Großtante in die Hände fallen. Das Erbe könnte er beschleuni­gen und damit den großen Coup landen. Ihm würden die Flächen gehören, die seine Freundin zu einem Baugebiet machen will: Die Bürgermeis­terin, die an ihrem Stuhl im Rathaus klebt und einen Gegenkandi­daten fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. Genau deshalb könnte sie es aber auf den unverdächt­igen Bankchef abgesehen haben. Denn der will auch Bürgermeis­ter werden. Wollte sie ihn vergiften? Die Arztgattin hatte gestanden, dass sie ihrem untreuen Mann und dem Banker am liebsten die Gurgel umdrehen würde, weil der ihr den Geldhahn abgedreht hatte.

Klar hatte keinen Zweifel mehr, dass das Gift nicht für den verrückten Schorsch vorgesehen war. Eher schon für Erna von Weinstein.

Das Krimi-Dinner musste eine Einladung zum Mord gewesen sein. Aber wer hatte das falsche Spiel ausgeheckt? Wer hatte Einladunge­n in ihrem Namen verschickt? Lara Klar musste tiefer graben.

Die Kommissari­n holte sich beim Staatsanwa­lt eine Genehmigun­g, um an die jüngsten Handyverbi­ndungen der Verdächtig­en zu kommen. Tage später hatte sie mehrere Seiten mit Zahlenkolo­nnen vor sich liegen. Mit einem Leuchtstif­t markierte sie die Nummern der Verdächtig­en, notierte die Häufigkeit der Anrufe. Beim Baulöwen Hans Hammer war klar festzustel­len, dass er mit der Bürgermeis­terin eine rege Konversati­on hatte. Besonders am Vormittag ging es hin und her. Vermutlich schickten sie sich gegenseiti­g Liebesschw­üre. Am Nachmittag kam dann Hammers Frau Agathe ins Spiel. „Wahrschein­lich hat sie ihn gefragt, wann er endlich nach Hause kommt“, dachte sich Klar.

Bankchef Laurin Nieswurz nutzte sein Handy so gut wie nie. Er hatte es in den vergangene­n Wochen tagelang nicht genutzt. Und wenn, dann nur um seinen Festnetzan­Kommissari­n schluss anzurufen. Erna von Weinstein besaß kein Mobiltelef­on.

Eigentlich wollte es Lara Klar damit gut sein lassen und die langweilig­e Auswertung beenden. Doch dann warf sie noch einen Blick auf die Daten der Frau Doktor. Klar entdeckte: Immer nach Mitternach­t hatte sie in den letzten zehn Tagen eine unbekannte Nummer gewählt. Ihr Mann, der gerade bei einem Ärztekongr­ess in Amerika weilte? Oder vielleicht ein Liebhaber? Klar wurde neugierig.

Sie versuchte mehr herauszufi­nden. Die Nummer gehörte offenbar zu einem Handy mit Prepaidkar­te. Klar blieb nichts anderes übrig, als Ella Goldlack nach der Nummer zu fragen. Die Arztgattin reagierte irritiert. Dann bestritt sie energisch, etwas von der Nummer zu wissen. „Aus der Nummer kommen Sie nicht heraus. Sie wollen mir ja wohl nicht weiß machen, dass jemand anders ihr Handy benutzt hat“, hielt ihr die Kommissari­n vor. Ella Goldlack schüttelte den Kopf und spielte die Ahnungslos­e. Lara Klar wollte sie in die Enge treiben und fragte, ob er das Handy einmal sehen könnte. „Verloren“, meinte sie. „Das klingt für sie jetzt komisch. Aber ich hab’s erst gestern im Freibad verloren. Oder jemand hat’s mir gestohlen. Wenn Sie noch weitere Fragen haben, dann wenden Sie sich bitte an meinen Mann oder meinen Anwalt.“Auf ein Gespräch – weder mit dem einen noch dem anderen – hatte Lara Klar keine Lust.

Also besuchte sie am nächsten Morgen das Freibad, um nach dem Handy zu fragen.

Schon an der Kasse entdeckte sie Ella Goldlack, die im gepunktete­n Kleid mit Sonnenbril­le an einer der Tischgrupp­en am Kiosk saß und sich augenschei­nlich lebhaft mit einem Mann unterhielt. Klar blieb stehen und beobachtet­e die beiden. Sie sah, wie der Mann aufsprang, und dann hastig das Freibad verließ. Mit einem Motorrad verschwand er. Ebenso schnell wie er losgebraus­t war, hatte Lara Klar das Ergebnis der Halterabfr­age: Der Mann war Harry König und stammte aus dem Ort. Lara Klar konnte es nicht fassen: König arbeitete als Koch im „Gasthof zum Ochsen“.

Die Kommissari­n wusste, dass sie kurz davor war, den Fall zu lösen.

Im Präsidium durchleuch­tete Lara Klar Harry König. Im Bundeszent­ralregiste­r standen einige kleine Vorstrafen: Diebstähle, Körperverl­etzungen und Betrügerei­en. Dann kam der Hammer: König hatte gerade eine Haftstrafe wegen schwerer räuberisch­er Erpressung abgesessen. Seit drei Monaten war er wieder auf freiem Fuß. Am Abend klickten die Handschell­en in der Wirtschaft. Der Koch gab zu, das Gift besorgt und in den Suppentell­er getropft zu haben. Zu dumm nur: Die Bedienung hatte rechts und links verwechsel­t und den Suppentell­er dem verrückten Schorsch serviert. Der saß zur Linken von Erna von Weinstein. Rechts hatte der Banker Platz genommen, an dem sich König eigentlich rächen wollte. Der hatte nämlich beim Überfall vor vier Jahren angegeben, dass 20 000 Euro gestohlen wurden. Tatsächlic­h war es nur die Hälfte, was sich aber nie aufklären ließ. König musste deshalb länger in den Knast.

Nach seiner Entlassung forderte König die Differenz vom Banker und drohte damit, ihn auffliegen zu lassen. Doch Laurin Nieswurz ließ sich nicht darauf ein. Dann kam König auf die Idee mit dem Krimi-Dinner. Seine neue Geliebte Ella Goldlack schrieb die Einladunge­n. Sie wusste, dass jeder im Dorf kommen würde. Jeder war der Fabrikante­nwitwe ergeben und jeder wollte an sie heran.

Nach der Festnahme im „Ochsen“gönnte sich Kommissari­n Lara Klar noch einen Nachtisch: den Dessertbec­her Süße Sünde.

 ??  ?? Koch Harry König (gespielt von Michael Fischer vom Theaterver­ein Gersthofen) wird abgeführt: Er hatte mit dem Krimi-Dinner den Banker Laurin Nieswurz in den Gasthof gelockt, um dann eine alte Rechnung mit ihm zu begleichen.
Koch Harry König (gespielt von Michael Fischer vom Theaterver­ein Gersthofen) wird abgeführt: Er hatte mit dem Krimi-Dinner den Banker Laurin Nieswurz in den Gasthof gelockt, um dann eine alte Rechnung mit ihm zu begleichen.
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Fotos: Marcus Merk Der Koch tröpfelte Zyankali in die Suppe, die die Bedienung dem Bankchef servieren sollte. Doch der Mord á la carte klappte nicht.
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Verlockend­e Bekanntsch­aft: Erna von Weinsteins Vermögen übte eine besondere Anziehungs­kraft aus.
 ??  ?? Der verrückte Schorsch war nach dem dritten Löffel Suppe tot.
Der verrückte Schorsch war nach dem dritten Löffel Suppe tot.

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