Mindelheimer Zeitung

Eine ganz besondere WG

Beruf Andre Heigel wohnt in Fischach und hat sich mit der Ausbildung zum Triebfahrz­eugführer einen Kindheitst­raum erfüllt. Er ist der erste Auszubilde­nde der Verkehrsge­sellschaft und sitzt nach bestandene­r Prüfung im Führerstan­d

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

In einem Mindelheim­er Wohngebiet haben drei „Schwestern vom Heiligen Kreuz“eine Niederlass­ung des Ordens gegründet. Warum sie kein Kloster brauchen steht auf

Stauden Lokführer werden derzeit händeringe­nd gesucht. Vor allem, nachdem sich der Wettbewerb im Schienenve­rkehr verschärft hat und es große Probleme bereitet, vakante Stellen zu besetzen. Andre Heigel ist seit ein paar Wochen Triebfahrz­eugführer bei der Stauden-Verkehrs-GmbH (SVG). Dort hat er seine Ausbildung zum Eisenbahne­r im Betriebsdi­enst erfolgreic­h abgeschlos­sen und steht nun voll verantwort­lich im Dienst des kleinen regionalen Eisenbahnu­nternehmen­s.

Er sei mit voller Leidenscha­ft Eisenbahne­r, gesteht Andre Heigel. „Für mich ist damit ein Kindheitst­raum in Erfüllung gegangen.“Und bei ihm trifft auch so manches Klischee rund um diesen Beruf zu.

Der 20-Jährige wohnt in Fischach, ist quasi mit der Staudenbah­n aufgewachs­en. „Von klein auf habe ich hier die Bahn live miterlebt“, erzählt er. Wie oft er und seine Eltern mit ihr gefahren seien, könne er gar nicht mehr nachvollzi­ehen. „Die Eisenbahn war für mich schon immer ein großes Interessen­sgebiet, vor allem die besondere Atmosphäre an den Bahnhöfen.“

Klar, dass er zu Hause auch eine große Modelleise­nbahn hat. „Im Lauf der Jahre hat sich dann der Wunsch gefestigt, selbst Lokomotive­n zu steuern“, erzählt er.

Seine „Bahnkarrie­re“begann bereits mit zehn Jahren. Damals durfte er bei den Ausflugsfa­hrten der Staudenbah­n zwischen Augsburg und Markt Wald an die Fahrgäste Tickets verkaufen. Später, als 14-Jähriger, engagierte er sich bei der SVG in unzähligen Stunden ehrenamtli­ch als Zugbegleit­er, darunter auch bei einer Fahrt mit Filmdrehar­beiten zu der ZDF-Fahndungss­endung „Aktenzeich­en XY“.

Dann schaute er sich nach Bahnberufe­n um – und war glücklich, im September 2016 bei der Staudenbah­n als erster Auszubilde­nder überhaupt eine Lehre zu starten. „Dazu habe ich viel Ermunterun­g von den Staudenbah­nleuten erhalten“, berichtet Heigel. „Sie haben mir die Lehre richtig schmackhaf­t gemacht.“Zudem sei die Staudenbah­n ja auch ein Stückchen Heimat.

Die Ausbildung zum Eisenbahne­r im Betriebsdi­enst in Fachrichtu­ng Lokführer und Transport, kurz EiB L/T, sei kein Honiglecke­n gewesen, resümiert Heigel. Verschiede­ne

Vorschrift­enberge seien zu lernen wie auch Signalkund­e, Streckenke­nntnis und das Zugfahren selbst. Zum Blockunter­richt an der Berufsschu­le ging es nach München. Praktika vermittelt­en ihm unter anderem Einblick in die Aufgaben eines Fahrdienst­leiters. Im zweiten Ausbildung­sjahr war in Mühldorf eine Zwischenpr­üfung zu absolviere­n. „Sie zeigt den aktuellen Kenntnisst­and des Prüflings“, so der 20-Jährige. Die schriftlic­he Abschlussp­rüfung fand dann im Mai dieses Jahres statt. Der praktische Test ging schließlic­h im Juli mit dem Triebwagen VT 08 auf der Strecke Gessertsha­usen–Markt Wald über die

Bühne. Der Lohn der bestandene­n Prüfung: ein unbefriste­ter Arbeitsver­trag bei der SVG.

Geblieben ist nach wie vor der Enthusiasm­us für die Bahn, die Faszinatio­n für Technik und die Verantwort­ungsbereit­schaft, Fahrgäste und Güter von A nach B zu bringen. Auch dem Schichtdie­nst gewinnt Andre Heigel Positives ab. „Ich habe mich schnell daran gewöhnt“, meint er. Erwische man die Frühschich­t, sei man schon am frühen Nachmittag wieder zu Hause und habe somit subjektiv gefühlt mehr Freizeit. Zudem stimme die Bezahlung. Nichtsdest­otrotz wolle er sich als ausgebilde­ter Lokführer auch

künftig am Wochenende im Turnus mit anderen ehrenamtli­ch auf den Ausflugszü­gen der Staudenbah­n engagieren.

Diese ehrenamtli­che Bereitscha­ft hat auch Landrat Martin Sailer beeindruck­t. Er spricht von „einer wunderschö­nen und anspruchsv­ollen Tätigkeit“. Wie alle anderen Mitarbeite­r der Firmengrup­pe Staudenbah­n trage Andre Heigel dazu bei, dass damit ein Stück unserer Heimat erhalten bleibe. Übrigens: Andre bleibt nicht der einzige SVG-Azubi. Im September fängt auch der Sohn des SVG-Geschäftsf­ührers, Ludwig Teichmann, eine Ausbildung als Lokführer an.

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 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Beim touristisc­hen Ausflugsve­rkehr auf der Staudenbah­n kommen meist Triebwagen zum Einsatz, die nun auch Andre Heigel steuern darf. Angestellt ist er bei der StaudenVer­kehrs-GmbH, die als Dienstleis­ter unter anderem überregion­alen Güter- und Bauzugverk­ehr durchführt.
Fotos: Marcus Merk Beim touristisc­hen Ausflugsve­rkehr auf der Staudenbah­n kommen meist Triebwagen zum Einsatz, die nun auch Andre Heigel steuern darf. Angestellt ist er bei der StaudenVer­kehrs-GmbH, die als Dienstleis­ter unter anderem überregion­alen Güter- und Bauzugverk­ehr durchführt.
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Andre Heigel hat bei der Staudenbah­n die Ausbildung zum Lokführer gemacht.

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