Hongkongs Regierung gibt nach
Auslieferungsgesetz zurückgenommen
Peking Es war eine Kernforderung der Demokratie-Aktivisten. An diesem Gesetz hatte sich ihr Protest vor drei Monaten überhaupt entzündet. Nun hat Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam dieses umstrittene Auslieferungsgesetz formell zurückgenommen. In einer internen Sitzung mit Abgeordneten des Hongkonger Parlaments und Delegierten des chinesischen Volkskongresses sei dieser Schritt vollzogen worden, berichten Teilnehmer. Kurze Zeit später trat Lam auch vor die Kamera. „Die Regierung wird das Gesetz in aller Form zurückziehen, um die Sorgen der Bevölkerung vollständig zu entkräften.“
Damit erfüllt die Regierungschefin eine von fünf Kernforderungen der Demonstranten. Dieses Gesetz hätte es ermöglicht, Hongkonger Bürger nur bei Verdacht auf eine Straftat in die Volksrepublik auszuweisen. Die Befürchtung war groß, dass das auch auf Kritiker der autoritären kommunistischen Führung in Peking zugetroffen hätte. China ist bekannt für seine oft willkürlichen Festnahmen und das fehlende Rechtsstaatsbewusstsein. Auf Druck der Demonstranten hatte Lam das Gesetz zwar bereits vor Wochen für tot erklärt und auf Eis gelegt, den Gesetzentwurf aber nicht wie von den Protestierern gefordert auch offiziell zurückgenommen.
Ob die Demonstranten sich nun besänftigen lassen? „Zu wenig und zu spät“, twittert Joshua Wong. „Carrie Lams Antwort kommt, nachdem sieben Menschenleben geopfert und mehr als 1200 Demonstranten festgenommen wurden, von denen viele auf der Polizeiwache misshandelt werden“, twittert der Demokratie-Aktivist Joshua Wong, der schon vor fünf Jahren die Demokratie-Proteste in Hongkong anführte. Die Regierung hatte gleich zu Beginn der Proteste, die anfangs noch friedlich verliefen, von „Aufruhr“gesprochen. Das hatte die Stimmung in der Stadt zusätzlich angeheizt.
Kurz vor Beginn der China-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben die Aktivisten einen offenen Brief an sie verfasst und sie um Beistand gebeten. „Frau Bundeskanzlerin Merkel, Sie sind in der DDR aufgewachsen. Sie haben Erfahrungen aus erster Hand über den Schrecken einer diktatorischen Regierung gemacht“, wird der Brief in der Bild-Zeitung zitiert.