Die Nördlinger Bürger machen Geschichte erlebbar
Freizeit Am Wochenende wird im Ries das große Stadtmauerfest gefeiert. Was die Gäste dabei erwartet
Nördlingen Ungläubig schaut so mancher Besucher, der am späten Abend durch Nördlingens Altstadt schlendert, nach oben. Weil er ein Rufen hört, mal lauter, mal leiser. Es ist der Türmer, der auf dem Kirchturm „Daniel“seinen Dienst tut und in alle Himmelsrichtungen seinen Ruf erklingen lässt: „So Gsell so.“Was heute Brauch ist, hatte einst einen ernsten Hintergrund: Der Türmer rief die Wachhabenden der Stadttore, die mussten antworten und so bestätigen, dass sie auf ihrem Posten sind. Normalerweise bleiben die fünf Tore zur Altstadt heutzutage unbewacht. Doch was ist schon normal am kommenden Wochenende in Nördlingen?
Die Stadt feiert ab Freitag, 18 Uhr, das 13. Historische Stadtmauerfest. An den fünf Toren stehen Stadtsoldaten, die von den Gästen Pflasterzoll verlangen. 15 Euro kostet das Ticket für das Wochenende für Erwachsene, Jugendliche bis 16 Jahre zahlen sechs Euro, die Tageskarten sind entsprechend günstiger. Kinder, die kleiner als 1,30 Meter sind, haben freien Eintritt. In der Stadt selbst wird ein Zeitenwechsel vollzogen. Statt Autos beherrschen Karren das Bild. Die Bürger tragen grobe Hemden, lange Röcke und Stoffhosen statt Jeans und Turnschuhe. Hinweise auf die Gegenwart werden verdeckt oder abgeschraubt, selbst, wenn es sich dabei um Verkehrszeichen handelt.
„Eine Stadt erlebt ihre Geschichte“lautet das Motto des Nördlinger Stadtmauerfestes. Man könnte auch sagen, die Bürger der Stadt machen die Geschichte erlebbar. Die Vorbereitungen laufen schon seit Monaten. Zahlreiche Vereine engagieren sich, bauen Lager auf, bewirten die Gäste mit leckeren Speisen, die auch Rittern geschmeckt hätten. Viele Rieser Männer lassen sich in diesen Tagen einen Vollbart wachsen, mag der auch noch so jucken. So wie Oberbürgermeister Hermann Faul, der in dieser Funktion zum letzten Mal mitfeiern und sich die große weiße Halskrause anlegen wird. Das Besondere am Stadtmauerfest sei der Gemeinschaftssinn, der gelebt werde, sagt er: „Das ist eine Liebeserklärung der Nördlinger an ihre Stadt.“
Die Begeisterung für ihre Heimat teilen die Rieser gerne mit ihren Gästen. Sie haben sich viel einfallen lassen, um die Zehntausende, die jedes Jahr kommen, zu beeindrucken. Da wären beispielsweise die „Nächte des Liedes und des Lichts“am Freitag- und am Samstagabend, bei denen unter anderem Feuergaukler auftreten. Gleich zwei Umzüge schlängeln sich durch die Straßen – am Samstag um 14 Uhr der Brauchtumsund Folkloreumzug, am Sonntag um 13 Uhr der historische Festumzug.
Zu dem wird übrigens auch der Schirmherr erwartet, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder soll in einer Kutsche im Umzug mitfahren. Sofern die Stadtsoldaten ihn an den Toren passieren lassen.
» Mehr Infos im Internet unter augsburger-allgemeine.de/stadtmauerfest