Werden Kaiserschnitt-Kinder öfter krank?
Medizin Eine Krankenkasse hat untersucht, wie sich Babys nach der Geburt entwickeln
Berlin Nach Kaiserschnitt-Geburten kommt es nach einer Untersuchung der Techniker Krankenkasse (TK) statistisch gesehen häufiger zu Gesundheitsproblemen bei Kindern. Ob der Grund dafür die Art der Entbindung ist, lasse sich auf Basis der reinen Abrechnungsdaten allerdings nicht feststellen, sagte Jens Baas, Vorstandschef der Kasse, am Mittwoch bei der Vorstellung des Kindergesundheitsreports der Kasse in Berlin. So habe durch die begrenzte Datenlage zum Beispiel nicht einfließen können, ob Mütter in der Schwangerschaft rauchten, sich gesund ernährten oder ihr Baby nach einer Sectio stillten.
Die Krankenkasse analysierte die Abrechnungsdaten von rund 38850 Kindern, die im Jahr 2008 geboren wurden, bis sie 2016 acht Jahre alt waren. Rund 11 900 Babys (31 Prozent) kamen per Kaiserschnitt zur Welt. Sie hatten im Vergleich zu natürlich geborenen Kindern nach Angaben der TK ein um fast elf Prozent erhöhtes Risiko, Verhaltensstörungen zu entwickeln. Das Risiko für chronische Bronchitis sei um rund 9,5 Prozent erhöht gewesen, das Allergierisiko um rund neun Prozent. Um fünf bis acht Prozent höher hätten Atemwegserkrankungen und Magen-Darm-Probleme gelegen. Unterscheiden konnte die Kasse mit ihren Daten aber auch nicht, ob ein Kind per Not-Kaiserschnitt geholt werden musste oder ob ein geplanter Eingriff ohne Probleme vorlag.
Mediziner Frank Louwen, Vizechef der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, begrüßte die Studie. Ihn überraschen die Ergebnisse nicht. „In der Summe ist das eine Bestätigung von Metaanalysen, die es bereits gibt“, sagte er. Die Art der Geburt habe einen kurz- und langfristigen Einfluss auf die Gesundheit von Kindern. „Die Frage ist aber, welchen genau“, ergänzte er. Es gehe nicht darum, sinnvolle Kaiserschnitte zu verurteilen. Seine moderate Kritik an der Untersuchung formulierte Louwen so: Er würde sich wünschen, dass Kassen nicht allein im Rückblick schauen, was es für Unterschiede gebe. Er hielte Studien für sinnvoll, die ab einem Stichtag mit Kenntnis der Versicherten nach festgelegten Fragestellungen an das Thema herangehen und dann immer wieder nachfragen.
Bereits heute wisse man, dass gesunde Kinder gesunder Frauen direkt nach einer vaginalen Geburt fitter seien als Sectio-Babys, erläuterte Louwen. Und auch, dass Kaiserschnitt-Kinder auf lange Sicht häufiger Autoimmunkrankheiten, Allergien, Asthma oder Übergewicht entwickelten. Studien, ob das am Kontakt mit dem Gewebe der Mutter im Geburtskanal und der Bakteriengemeinschaft dort liegen könnte, liefen noch, sagte Louwen.
Zu den Gründen für einen Kaiserschnitt zählen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Mutter oder Kind. Es gehe hier um eine vorzeitige Ablösung der Plazenta, ein drohendes Reißen der Gebärmutter oder schwere Erkrankungen der Mutter. Solche Gründe träfen aber nur auf rund zehn Prozent der Kaiserschnitt-Entbindungen zu, heißt es in einem RKI-Bericht.
Beim Rest werde nach Abwägung entschieden, etwa bei Mehrlingen, Kindern über 4500 Gramm oder einer komplizierten Geburt. Deutschland gehört mit einem Sectio-Anteil an allen Geburten von rund 32 Prozent zu den Ländern mit einer hohen Rate. Der EU-Schnitt lag 2010 nur bei rund 25 Prozent.