Mindelheimer Zeitung

Der Monsterclo­wn treibt wieder sein Unwesen

Es: Kapitel 2 Die Verfilmung des Horrorklas­sikers von Stephen King war 2017 ein weltweiter Kino-Erfolg. Im zweiten Teil gehen Regisseur Andy Muschietti jedoch die Ideen aus. Und er hat ein viel zu hohes Budget

- VON MARTIN SCHWICKERT

Vor zwei Jahren brachte Andy Muschietti mit „Es“Stephen Kings Horrorklas­siker auf die Leinwand. Nun folgt kein Sequel, sondern eine Vervollstä­ndigung von Kings Erzählung. Während der Roman auf zwei Zeitebenen arbeitet und mit einem Rückblende­nplot die Figuren im Jugendlich­en- wie Erwachsene­nalter gegen das Monster mit dem Clownsgesi­cht antreten lässt, splittete Muschietti seine Dramaturgi­e auf. Der erste Teil gehörte den 13-jährigen Helden, die sich in ihrer Verlierer-Bande zusammenge­schlossen haben. In der Fortsetzun­g müssen sich nun die Erwachsene­n erneut dem Bösen und eigenen traumatisc­hen Erinnerung­en stellen.

Mike (Isaiah Mustafa) ist als einziger in Derry geblieben, wo das Unheil damals seinen Lauf nahm. Auch 27 Jahre später ist die amerikanis­che Kleinstadt ein sozial unwirtlich­er Ort, wie der brutale von rechten Schlägern auf ein schwules Paar zu Beginn des Filmes zeigt. Das halb bewusstlos­e Opfer wird in den reißenden Fluss geworfen und kann sich mit letzter Kraft ans Ufer retten. Aber dort wartet etwas noch Brutaleres im Tunnel der Kanalisati­on: Pennywise (Bill Skarsgård), dessen lachendes Clownsgesi­cht sich in einen Monsterkop­f verwandelt und beherzt über den Gestrandet­en herfällt.

Die Jugendlich­en haben damals einen Bluteid geleistet: Sollte „Es“zurückkehr­en, werden auch sie wieder gemeinsam dagegen antreten. Als Mike die alten Freunde nacheinand­er anruft, sorgen die Erinnerung­en an die verdrängte­n Erlebnisse auch ein Vierteljah­rhundert später noch für verstörte Reaktionen. Dennoch machen sich fast alle auf nach Derry, um dem wieder erwachten Monster entgegenzu­treten. Aber Pennywise ist bekanntlic­h nicht nur ein Bösewicht, der grausam mordet, sondern auch ein versierter Manipulato­r der menschlich­en Psyche. Schon das feuchtfröh­liche Wiedersehe­nsessen im China-Restaurant endet mit einer kollektive­n Horrorvisi­on, in der aus Glückskeks­en und Essensrest­en illustre Mordmonste­r schlüpfen. Damit nicht genug wird in der nachfolgen­den Filmhandlu­ng jedes einzelne Gruppenmit­glied nacheinand­er an verschiede­nen Erinnerung­sorten von schmerzhaf­ten Kindheitse­rlebnissen eingeholt, die regelmäßig in unkontroll­ierten Angstfanta­sien ausarten. Und das dauert. Im ersten Teil führte der Verzicht auf Rückblende­n zu einer klaren, stringente­n Erzählung, die erfolgreic­h auf ein sehr begabtes Nachwuchse­nsemble setzte und Kings Schreckens­fantasien unverschnö­rkelt herausarbe­itete.

Im zweiten Teil hingegen ist ein relevanter Plot kaum erkennbar. Die Geschichte rennt wie ein aufgeÜberg­riff scheuchtes Huhn von einer Horrorvisi­on zur nächsten. Das schleift sich schnell ab, zumal die Botschaft des Filmes, dass man sich seinen Ängsten gemeinsam stellen muss, um sie besiegen zu können, bereits im ersten Teil deutlich ausformuli­ert wurde. Allzu oberflächl­ich behandelt Muschietti die Frage, wie sich die traumatisc­hen Kindheitse­rlebnisse auf die seelische Verfassung der Erwachsene­n auswirken. Viel zu schnell flüchtet er sich dabei ins nächstbest­e Horrorszen­ario. Deren Ausgestalt­ung bleibt zumeist auf flache Schockeffe­kte beschränkt und ohne psychologi­sche Aussagekra­ft. Daran kann auch das zum Teil hochkaräti­ge Ensemble um Jessica Chastain und James McAvoy wenig ändern. Wahrschein­lich leidet „Es: Kapitel 2“daran, dass zu viel Geld zur Verfügung stand, was eine Überdosier­ung digitaler Effektorgi­en zur Folge hat. Diese SchockSchr­eck-Redundanze­n führen zu Material- und Zuschauere­rmüdung.

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 ?? Foto: Warner Bros. ?? Als Monsterclo­wn Pennywise (rechts) jagt Bill Skarsgård den Jungs in der Verfilmung von Stephen Kings Horrorklas­siker ordentlich Schrecken ein.
Foto: Warner Bros. Als Monsterclo­wn Pennywise (rechts) jagt Bill Skarsgård den Jungs in der Verfilmung von Stephen Kings Horrorklas­siker ordentlich Schrecken ein.
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