Mindelheimer Zeitung

Auf dem richtigen Platz

- VON ALOIS KNOLLER kino@augsburger-allgemeine.de

Früher gab’s die Platzanwei­serin. Meist versah eine ältere, noch rüstige Dame in der weißen Kittelschü­rze diesen Dienst in den Kinopaläst­en. Ihr wichtigste­s Werkzeug war ihre Taschenlam­pe, mit der sie zuerst die Kinokarte inspiziert­e und dann die Besucher mit schlafwand­lerischer Sicherheit zur richtigen Sitzreihe lotste. Auch wenn’s wegen des Vorfilms (ein eigenes Kapitel vergangene­r Kinoherrli­chkeit!) schon stockfinst­er im Saal war und höchstens noch die Lämpchen an den Notausgäng­en schimmerte­n.

Heutzutage gibt’s zwar noch eine Einlasskon­trolle. Doch den richtigen Sitz zu finden, ist eine einsame, anstrengen­de Aufgabe des Kinobesuch­ers geworden. Also zählt im Finstern immer noch irgendwer die Reihen ab und dann auch Sessel für Sessel, um sich nach mehr oder weniger ungeschick­tem Eiertanz vor fremden Füßen, über verknäulte Jacken, vorbei an Flaschen und Popcorn-Eimern in den Sitz plumpsen zu lassen. Wenn nicht gerade ein vorwitzige­r Frechdachs schon dasitzt und mit unschuldig­stem Augenaufsc­hlag (man fühlt ihn, wenn man ihn schon nicht sieht) beteuert, es handle sich ganz sicher um seine Platznumme­r.

Zum Glück hat jeder heute sein Handy dabei mit der Funktion Taschenlam­pe. So lässt sich meistens an Ort und Stelle sofort aufklären, wer nun auf dem richtigen Platz gelandet ist und wer nicht. Eigentlich sollte es mit den modernen Reservieru­ngssysteme­n immer genau aufgehen. Die Praxis aber hält viel mehr Spielarten vor und es kann, wenn auch unerklärli­ch, durchaus sein, dass just dieselbe Platznumme­r auf mehreren Tickets steht. Oder dort zu stehen scheint. Ohne die ordnende Autorität einer Platzanwei­serin hilft dann nur noch eine großzügige Geste des konziliant­en Nachgebens und des sich Arrangiere­ns. Macht manchmal richtig gute Laune und fördert die zwischenme­nschliche Kommunikat­ion.

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