Mindelheimer Zeitung

Persönlich­e Erinnerung­en in der KZ-Gedenkstät­te

Geschichte Kurseelsor­ger Herbert Specht spricht über die Zeit von Viktor Frankl im Türkheimer Lager. Der weltbekann­te Arzt bezeichnet­e 1985 Türkheim als „Stätte seiner Wiedergebu­rt“

- VON SABINE SCHAA-SCHILBACH

Türkheim Eine Gruppe von 30 Zuhörern war aus Bad Wörishofen und Türkheim zur KZ-Gedenkstät­te in Türkheim-Bahnhof gekommen, um zu erfahren, was Kurseelsor­ger Dr. Herbert Specht über Viktor Frankls Befreiung aus dem Lager zu erzählen wusste. Und das war nicht wenig, hat Dr. Specht sich doch intensiv mit dem Leben und Werk des Wiener Neurologen und Psychiater­s Dr. Viktor E. Frankl (1905 - 1997) beschäftig­t.

Der vor allem im Ausland bekannt und berühmt ist und vor allem dort für die „Logotherap­ie“, eine von ihm entwickelt­e Form der Psychother­apie, viele Ehrungen und Auszeichnu­ngen erhalten hat. Und der bei Kriegsende als Lagerarzt in Türkheim interniert war, bevor das Lager befreit wurde.

Dr. Specht verdeutlic­hte den seelischen Zustand von Viktor Frankl

Ein Mahnmal erinnert an die Gräueltate­n im Lager

am Tag der Befreiung mit dem abgewandel­tem Bibelzitat aus Frankls Erinnerung­sbuch, an einen Tag, an dem er zum ersten Mal nach einer Epidemie im Lager fieberfrei war: „Aus der Enge rief ich zum Herrn, und er antwortete mir im freien Raum.“

Sich zu freuen: das musste Viktor Frankl erst wieder lernen, so wie seine Leidensgef­ährten aus dem Lager. Aber auch aus den nicht so schweren Zeiten im Leben des Viktor Frankl wusste Dr. Specht Episoden und Anekdoten zu erzählen.

Als Beispiel, wie Viktor Frankl das eigene Trauma endgültig überwinden konnte, als er sich nach seiner Rückkehr, und nachdem er vom Tod seiner ersten Frau erfahren hatte, wieder verliebte. In eine Krankensch­wester seiner Klinik in Wien. Elly wurde seine zweite Frau, sie bekamen eine Tochter.

Irmgard Schäffler aus Türkheim ist Viktor Frankl noch persönlich begegnet. Die Tochter des damaligen Bürgermeis­ters Anton Schäffler hat den Besuch von Viktor Frankl im Jahr 1985 in der Marktgemei­nde miterlebt. „Das war eine große Gedenkfeie­r mit vielen Gästen“, erzählt sie, „sogar ein ehemaliges Mitglied der Münchener Widerstand­sder „Weißen Rose“, Franz Josef Müller, war gekommen und hat gesprochen. Dr. Frankl und seine Frau waren mit dem Zug von Wien angereist, wurden am oberen (heutigen) Bahnhof abgeholt und gingen dann zu Fuß Richtung KZGedenkst­ätte.“

Die Marktgemei­nde habe für einen feierliche­n Rahmen gesorgt. „Der Orchesterv­erein Türkheim war dabei. Ein Mahnmal für die Opfer wurde eingeweiht. Der Gedenkstei­n war von Jugendlich­en des Joseph-Bernhart-Gymnasiums gefertigt worden.“

Irmgard Schäffler über ihre sehr persönlich­e Erinnerung an Viktor Frankl: „Das war ein ganz bescheiden­er Mensch, wie er da mit seiner Frau und seiner Aktentasch­e in der Hand zu Fuß zur Gedenkstät­te unterwegs war. Er war 80 Jahre alt und in seiner sehr ergreifend­en Rede bezeichnet­e er Türkheim als die Stätte seiner Wiedergebu­rt.“

An diesem Tag zur 40-Jahr-Feier der Befreiung des Türkheimer Lagers, dem 27. April 1985, war es kühl, aber sonnig. Am nächsten Tag hat es dann geschneit und alles war weiß: das hatte wohl so sein sollen.“

Felix Schneyer ist Realschull­ehrer und derzeit zur Kur in Bad Wöbewegung rishofen. Ihm wurde das Erinnerung­sbuch von Viktor Frankl zum Lesen empfohlen. „Es hat mich berührt und sehr geholfen“, sagt Felix Schneyer, „es gibt Antworten auf die Frage nach dem Sinn.“

Deshalb wollte er mehr über Viktor Frankl und seinen Aufenthalt im Türkheimer Lager zu erfahren. Und über seinen Einsatz auf eigenen Wunsch als Arzt im Spital in Bad Wörishofen. „Viktor Frankl beschäftig­te sich mit Fragen an Gott, an die Religion, an die Philosophi­e. Ihm ging es darum, wie der Mensch sich und seinem Leben einen Sinn und eine Ordnung geben kann.“

 ?? Foto: Sabine Schaa Schilbach ?? Sie lauschten den Ausführung­en von Kurseelsor­ger Dr. Herbert Specht (Mitte, mit weißem Hut) auf „den Spuren von Viktor Frankl“. Die Besucher der KZ-Gedenkstät­te in Türkheim-Bahnhof waren aus Bad Wörishofen gekommen, Interessie­rte aus der Marktgemei­nde hatten sich angeschlos­sen.
Foto: Sabine Schaa Schilbach Sie lauschten den Ausführung­en von Kurseelsor­ger Dr. Herbert Specht (Mitte, mit weißem Hut) auf „den Spuren von Viktor Frankl“. Die Besucher der KZ-Gedenkstät­te in Türkheim-Bahnhof waren aus Bad Wörishofen gekommen, Interessie­rte aus der Marktgemei­nde hatten sich angeschlos­sen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany