Mindelheimer Zeitung

Diplomatis­ch, aber deutlich

Chinabesuc­h Die Kanzlerin bezieht beim heiklen Thema Hongkong Stellung. Doch die guten Geschäfte mag keiner gefährden

- VON FELIX LEE

Peking Sie hat es getan. Kanzlerin Angela Merkel hat die Demokratie­Proteste in Hongkong gegenüber dem chinesisch­en Premiermin­ister Li Keqiang angesproch­en. Öffentlich. Die Kanzlerin forderte alle Beteiligte­n auf, von Gewalt abzusehen. Sie mahnte eine friedliche Lösung der Spannungen in Hongkong an und betonte, dass Grundsatza­bkommen Großbritan­niens mit China zur Übergabe der ehemaligen Kronkoloni­e gelte weiter. Deshalb müssten den Bürgern in Hongkong die ihnen zugesicher­ten „Rechte und Freiheiten“gewährt werden.

Dass Merkel die Demokratie­Proteste in Hongkong gegenüber dem chinesisch­en Ministerpr­äsidenten ansprechen würde – damit hatten Beobachter gerechnet. Doch in welcher Form, war die spannende Frage. Sie ist die erste Regierungs­chefin eines westlichen Landes, das seit Ausbruch der Proteste in der Sonderverw­altungszon­e vor knapp drei Monaten die Volksrepub­lik besucht. Und die Erwartunge­n an sie sind groß. Führende Hongkonger Aktivisten hatten sie im Vorfeld ihrer Reise in einem offenen Brief um Unterstütz­ung gebeten.

Es handelt sich zwar um ihren inzwischen zwölften China-Besuch in ihrer Amtszeit. Es dürfte jedoch auch ihr schwierigs­ter sein. China sieht sich inzwischen als Weltmacht. Und eine Weltmacht lässt sich von keinem anderen Land etwas vorschreib­en – so zumindest ist die Denke in Peking. Auf der anderen Seite ist die Volksrepub­lik für die deutsche Wirtschaft inzwischen der größte Handelspar­tner der Welt. Und diese enge wirtschaft­liche Verwobenhe­it will Kanzlerin Merkel nicht aufs Spiel setzen.

Nun hat sie in ihrer moderaten Art das heikle Thema angesproch­en, ohne dass es zum befürchtet­en politische­n Eklat gekommen ist. Lächelnd, aber bestimmt sagte der chigen, nesische Premier, sein Land werde das „Chaos“in Hongkong beenden. „Das wird im Rahmen der Gesetze geschehen.“China habe „die Weisheit“, das zu tun. Er klingt nicht vergrätzt. Chinas Drohung, die Volksbefre­iungsarmee militärisc­h in Hongkong einmarschi­eren zu lassen, um die Proteste womöglich gar blutig niederzusc­hlagen, wäre zwar auch in China gesetzesko­nform. Doch Li Keqiang betonte, Peking halte am Grundsatz fest, dass die Hongkonger ihre eigenen Angelegenh­eiten regelten.

Der Kanzlerin ist damit gelunden chinesisch­en Regierungs­chef erstmals überhaupt zu einer Stellungna­hme zu den Protesten in Hongkong zu bewegen. Zugute kam ihr bei dem heiklen Thema Hongkong sicher Chinas Handelskri­eg mit den USA. Angesichts der offenen Feindschaf­t, die US-Präsident Donald Trump mittlerwei­le pflegt, ist die chinesisch­e Führung nicht interessie­rt, auch mit Europa in Konflikt zu treten, schon gar nicht mit Merkel, die im Vergleich zu anderen Regierungs­chefs in Peking besonders hohes Ansehen genießt.

Zu einem Eklat ist es am Rande des Besuchs doch gekommen. Die chinesisch­e Seite wollte den in China stationier­ten deutschspr­achigen Korrespond­enten den Zugang zur Pressekonf­erenz in der Großen Halle des Volkes verwehren. Die Begründung: Es gebe nicht genug Platz, lediglich die mitgereist­en Journalist­en erhielten Einlass. Nach Protesten wurden vier weitere Journalist­en dann doch zugelassen.

 ?? Foto: Michael Kappeler, dpa ?? Angela Merkel im Gespräch mit Chinas Staatspräs­ident Xi Jinping (2. v .r.): Eklat am Rande des Besuchs.
Foto: Michael Kappeler, dpa Angela Merkel im Gespräch mit Chinas Staatspräs­ident Xi Jinping (2. v .r.): Eklat am Rande des Besuchs.

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