Diplomatisch, aber deutlich
Chinabesuch Die Kanzlerin bezieht beim heiklen Thema Hongkong Stellung. Doch die guten Geschäfte mag keiner gefährden
Peking Sie hat es getan. Kanzlerin Angela Merkel hat die DemokratieProteste in Hongkong gegenüber dem chinesischen Premierminister Li Keqiang angesprochen. Öffentlich. Die Kanzlerin forderte alle Beteiligten auf, von Gewalt abzusehen. Sie mahnte eine friedliche Lösung der Spannungen in Hongkong an und betonte, dass Grundsatzabkommen Großbritanniens mit China zur Übergabe der ehemaligen Kronkolonie gelte weiter. Deshalb müssten den Bürgern in Hongkong die ihnen zugesicherten „Rechte und Freiheiten“gewährt werden.
Dass Merkel die DemokratieProteste in Hongkong gegenüber dem chinesischen Ministerpräsidenten ansprechen würde – damit hatten Beobachter gerechnet. Doch in welcher Form, war die spannende Frage. Sie ist die erste Regierungschefin eines westlichen Landes, das seit Ausbruch der Proteste in der Sonderverwaltungszone vor knapp drei Monaten die Volksrepublik besucht. Und die Erwartungen an sie sind groß. Führende Hongkonger Aktivisten hatten sie im Vorfeld ihrer Reise in einem offenen Brief um Unterstützung gebeten.
Es handelt sich zwar um ihren inzwischen zwölften China-Besuch in ihrer Amtszeit. Es dürfte jedoch auch ihr schwierigster sein. China sieht sich inzwischen als Weltmacht. Und eine Weltmacht lässt sich von keinem anderen Land etwas vorschreiben – so zumindest ist die Denke in Peking. Auf der anderen Seite ist die Volksrepublik für die deutsche Wirtschaft inzwischen der größte Handelspartner der Welt. Und diese enge wirtschaftliche Verwobenheit will Kanzlerin Merkel nicht aufs Spiel setzen.
Nun hat sie in ihrer moderaten Art das heikle Thema angesprochen, ohne dass es zum befürchteten politischen Eklat gekommen ist. Lächelnd, aber bestimmt sagte der chigen, nesische Premier, sein Land werde das „Chaos“in Hongkong beenden. „Das wird im Rahmen der Gesetze geschehen.“China habe „die Weisheit“, das zu tun. Er klingt nicht vergrätzt. Chinas Drohung, die Volksbefreiungsarmee militärisch in Hongkong einmarschieren zu lassen, um die Proteste womöglich gar blutig niederzuschlagen, wäre zwar auch in China gesetzeskonform. Doch Li Keqiang betonte, Peking halte am Grundsatz fest, dass die Hongkonger ihre eigenen Angelegenheiten regelten.
Der Kanzlerin ist damit gelunden chinesischen Regierungschef erstmals überhaupt zu einer Stellungnahme zu den Protesten in Hongkong zu bewegen. Zugute kam ihr bei dem heiklen Thema Hongkong sicher Chinas Handelskrieg mit den USA. Angesichts der offenen Feindschaft, die US-Präsident Donald Trump mittlerweile pflegt, ist die chinesische Führung nicht interessiert, auch mit Europa in Konflikt zu treten, schon gar nicht mit Merkel, die im Vergleich zu anderen Regierungschefs in Peking besonders hohes Ansehen genießt.
Zu einem Eklat ist es am Rande des Besuchs doch gekommen. Die chinesische Seite wollte den in China stationierten deutschsprachigen Korrespondenten den Zugang zur Pressekonferenz in der Großen Halle des Volkes verwehren. Die Begründung: Es gebe nicht genug Platz, lediglich die mitgereisten Journalisten erhielten Einlass. Nach Protesten wurden vier weitere Journalisten dann doch zugelassen.