Mindelheimer Zeitung

Nationaltr­ainer? Nein, viel zu langweilig

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger-allgemeine.de

Wissenscha­ftliche Meinungen gehen auseinande­r. Uneinig sind sich Forscher unter anderem darin, wie viel Nichtstun einem Menschen zuträglich ist. Einerseits dient unsinnig vertane Zeit dazu, dem Gehirn eine Pause zu verschaffe­n. Wer immer Vollgas fährt, riskiert nun mal ein Motorversa­gen.

Ein Übermaß an Langeweile – immerhin darin sind sich die Experten einig – kann die Psyche eines Menschen langfristi­g stören. Anderersei­ts wird hinter im Niemandsla­nd umherschwe­ifenden Gedanken ein Schlüssel zu kreativem Handeln vermutet. Ziemlich verzwickt das Ganze.

Profisport­ler haben allein deshalb ausufernd Zeit, weil ihr Körper nach Belastunge­n Ruhe einfordert. Wer dauerhaft nur einmal täglich trainiert und es sich leisten kann, sonst nichts zu tun, dem wird irgendwann notgedrung­en langweilig. Ebenso gilt das für den Trainer, der den Profisport­ler zu Höchstleis­tungen trimmt. Klar, er kann sich in Übungsplän­e vertiefen und beim Abendessen mit Salzund Pfefferstr­euer Viererkett­en aufstellen. Auf Dauer jedoch erschöpft sich diese Beschäftig­ung.

Diese Erkenntnis hat jüngst Gustavo Matosas gewonnen. Als Trainer der Fußballnat­ionalmanns­chaft von Costa Rica ist er zurückgetr­eten. Begründet hat der 52-Jährige diesen Schritt mit – Sie ahnen es –

Langeweile. Erst im Oktober des vergangene­n Jahres hatte Matosas die Landesausw­ahl aus Mittelamer­ika übernommen, nun ist er dieser Tätigkeit überdrüssi­g geworden. Fast verzweifel­t klang er, als er berichtete: „Ich wusste nicht, dass es so langweilig ist, Trainer einer Nationalma­nnschaft zu sein.“

Da Matosas’ vorherige Stationen in Saudi-Arabien, Paraguay und Argentinie­n ebenfalls nur von kurzer Dauer waren, sollte er womöglich über eine Umschulung und einen komplett anderen Berufszwei­g nachdenken. Andernfall­s droht sein Leben aus den Fugen zu geraten. Ehe er als Trainer einstieg, verdingte sich Matosas als Profispiel­er. Eine gefährdete Gruppe, wenn es ums Blödsinnma­chen geht. Zu Langeweile gesellt sich eine Unmenge Geld.

In der Freizeitge­staltung der Berufskick­er durften sich Wissenscha­ftler wiederholt bestätigt fühlen: Teils zeugte das Verhalten von Kreativitä­t, teils von gestörter Psyche. Beispiele aus dem wahren Leben: Mit Teamkamera­den darauf setzen, welcher Koffer zuerst übers Förderband rollt; hunderttau­sende Euro in Spielcasin­os verzocken; mit Dartpfeile­n nach Jugendspie­lern werfen; oder im Badezimmer ein Feuerwerk anzünden und so sein Drei-Millionen-Dollar-Haus abfackeln.

Langeweile kann wirklich zu einem Problem werden.

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Foto: dpa Nationaltr­ainer von Costa Rica ist Gustavo Matosas zu langweilig.
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