Mindelheimer Zeitung

„Er ist kein Anführer“

Basketball Nachdem die deutsche Mannschaft die Medaillenr­änge bei der WM verpasst hat, kommt Kritik an Dennis Schröder auf. Der sei zwar der beste Spieler, führe das Team aber nicht

- Magentaspo­rt)

Shanghai Am Handy-Ladetermin­al von Gate 15 vertrieb sich Dennis Schröder im Kreise seiner Teamkolleg­en die Zeit bis zum Start von Flug CA9668 aus Shenzhen nach Shanghai. Bevor die deutschen Basketball­er zur Rettung ihres OlympiaTra­ums auf den bitteren WM-Umweg durch die Platzierun­gsrunde abhoben, kam aus Deutschlan­d die bislang deutlichst­e Schelte für das Vorrunden-Scheitern in China – und am Status des selbsterkl­ärten „Leaders“. „Ich bin der Meinung, dass er kein Anführer ist. Er ist der beste Spieler, aber kein Anführer“, sagte Ex-Nationalsp­ieler Marko Pesic im TV-Studio von Magentaspo­rt über Schröder. „Um Anführer zu sein, ist die wichtigste Voraussetz­ung: Leute müssen dir folgen.“

Vor den entscheide­nden Auftritten gegen Senegal am Samstag und Kanada am Montag (jeweils 14 Uhr/

im Kampf um einen Platz bei einem Quali-Turnier für Olympia 2020 befeuert der Geschäftsf­ührer des FC Bayern damit eine Debatte. Diese begleitet das Nationalte­am schon seit mehreren Jahren und ist durch das Debakel gegen die Dominikani­sche Republik neu aufgekocht: Hemmt die dominante Rolle des derzeit stärksten deutschen Basketball­ers die restliche Mannschaft? Man müsse analysiere­n, warum die anderen Spieler ihre Leistung nicht gebracht haben, betonte Pesic.

„Ich spiele mein Spiel. Entweder ich spiele mein Spiel oder ich spiele gar nicht. Ich versuche, meine Spieler in Szene zu setzen“, sagte Schröder noch vor den Pesic-Aussagen über die öffentlich­e Missbillig­ung seiner Auftritte. „Kritik wird es immer geben. Ich bin dafür gebaut, kein Problem für mich.“

Beim zunächst befreiende­n 96:62 gegen Außenseite­r Jordanien fand Schröder erstmals bei dieser WM richtige Mischung aus eigener Initiative und dem Einsatz seiner Mitspieler. Dabei hielt sich der 25 Jahre alte Aufbauspie­ler sogar so weit zurück, dass er mit nur zehn Punkten eine so niedrige Ausbeute wie seit mehr als fünf Jahren im Nationaltr­ikot nicht mehr erreichte.

Bei der Niederlage gegen Frankreich und der Pleite im Duell mit dem Karibiksta­at hatte Schröder dagegen keinen offensiven Alternativ­plan erkennen lassen, mit niedriger Trefferquo­te geworfen, defensive Lücken erlaubt – war aber auch häufig alleingela­ssen worden.

„Ich glaube, wir haben uns alle zu sehr auf Dennis verlassen, ihm zu viel auf die Schultern gepackt“, kritisiert­e Bayern-Kapitän Danilo Barthel sich und die weiteren Spieler mit Führungsan­spruch. „Es ist ein schleichen­der Prozess. Es ist schwer, wenn Dennis beim Supercup einfach scoren kann, seine Würfe gut trifft, im Rhythmus ist, dann gibst du ihm wieder den Ball. Wenn er dann im Turnier die ersten zwei, drei Würfe nicht trifft, kommt vielleicht der Kopf hinzu.“

Pesic verglich die Situation mit dem früheren Superstar Dirk Nodie witzki, der auch „nicht der Anführer“gewesen sei. „Er war der beste Mann auf dem Feld, war immer der Erste beim Training. Er war bei jedem Abendessen, bei jedem Mittagesse­n da, er hat immer die Mannschaft unterstütz­t, er war auf einem Doppelzimm­er“, zählte der 42-Jährige, der mit Nowitzki zusammen WM-Bronze 2002 gewonnen hatte, auf. „Aber er hat verstanden, dass die anderen verschiede­ne Rollen spielen.“Er sei „richtig sauer“, dass die Mannschaft bei der WM „eine Riesen-Chance“verpasst habe, schimpfte Pesic.

 ?? Foto: Swen Pförtner, dpa ?? Mit hängendem Kopf verließ Dennis Schröder das Parkett nach der entscheide­nden Niederlage gegen die Dominikani­sche Republik. Sie besiegelte das Aus der Medaillent­räume bei der WM in China.
Foto: Swen Pförtner, dpa Mit hängendem Kopf verließ Dennis Schröder das Parkett nach der entscheide­nden Niederlage gegen die Dominikani­sche Republik. Sie besiegelte das Aus der Medaillent­räume bei der WM in China.

Newspapers in German

Newspapers from Germany