Wohnen oder boarden?
Gewerbegebiet Bauausschuss steht vor einer kniffligen Frage
Mindelheim „Wenn man aus dem Rathaus heraus kommt, ist man gescheiter, als beim Hineingehen“, sagt der Volksmund. So ähnlich erging es den Stadträten bei der jüngsten Bauausschuss-Sitzung, denn sie wussten beim Heimgehen, was ein „Boardinghouse“ist. Ein Bauherr wollte sein Betriebsgebäude in der Biberkopfstraße in eben so ein Boardinghouse umwandeln, was ihm aber der Ausschuss versagte, da in einem reinem Gewerbegebiet längerfristiges Wohnen nicht möglich sei, so das Bauamt.
Michael Egger vom Stadtbauamt war es vorbehalten, die Räte von dem kleinen Unterschied zwischen Hotel und Boardinghouse zu unterrichten. Ein Hausbesitzer möchte in der Biberkopfstraße ein bestehendes Betriebsgebäude umbauen. Das bestehende Gebäude mit der Grundfläche 21 mal 13 Meter soll auf fünf Geschoße aufgestockt werden und mit einem flach geneigten Pultdach mit einer Höhe von 16,7 Meter versehen werden. Das neue Gebäude soll als Boardinghouse genutzt werden. Neben einem Fitness- , einem Aufenthalts- und einem Frühstücksraum seien 21 Wohnräumen geplant, die größtenteils aus mehreren Räumen plus Bad bestehen. Für den Bereich gelte der Bebauungsplan 530 „Gebiet zwischen Hungerbach und Staatsstraße 2013“.
Eggert erklärte, warum die Verwaltung der Meinung sei, dass an dieser Stelle ein Boardinghouse im Gegensatz zu einem Hotel nicht möglich sei. Ein Boardinghouse sei überwiegend für den längeren Aufenthalt bestimmt und daher planungsrechtlich als Wohnnutzung einzustufen. Weiter fehlten in dem Antrag Räumlichkeiten zur Erbringung „hoteltypischer Nebenleistungen“, wie es so schön heißt, wie etwa eine Hotelküche. Weiter seien nur 3,5 Arbeitsstellen vorgesehen, obwohl in dem Antrag von mehreren mietbaren Wohnräumen gesprochen werde. Daher müsse man davon ausgehen, dass das Gebäude tatsächlich als Boardinghouse und nicht als Hotel genutzt werde. Auch seien die meisten Räumlichkeiten größer als in einem Hotel üblich.
Diese Erklärungen weckten Klärungsbedarf bei einigen Stadträten. Sowohl Manfred Schuster (Bürgergemeinschaft) wie auch Mehmet Yesil (SPD) erinnerten an ein ähnliches Projekt im Gewerbegebiet, wo in einem Hotel ebenfalls keine Küche und Gastronomie vorhanden sei. Der Unterschied sei einmal, dass ein Boardinghouse auf eine längere Nutzung ausgerichtet sei, stellte Bürgermeister Stephan Winter fest. Und es sei sogar dauerhaftes Wohnen möglich. Und da komme man mit den immissionsrechtlichen Bestimmungen in einem Gewerbegebiet in Konflikt. Handwerk und Industrie könnten durch Wohnungen in der Nachbarschaft eingeschränkt werden. Winter stellte klar, dass ein reines Hotel an dieser Stelle möglich wäre.
Stadtrat Dietmar Wagner (Freie Wähler) beleuchtete die Anfrage noch von einem anderen Aspekt. In Mindelheim gebe es Wohnungsmangel, dies sei unbestritten. Es gebe Bedarf für diese Unterbringungsform. Facharbeiter, die nicht ganz nach Mindelheim ziehen wollten, könnten so unter der Woche in Mindelheim wohnen und am Wochenende zur Familie zurückkehren.
Auf der anderen Seite sehe er schon die rechtlichen Bedingungen und den Konflikt zwischen Gewerbe und Wohnen. Dieser Auffassung schlossen sich auch die anderen Stadträte an, so dass dem Bauantrag das gemeindliche Einvernehmen einstimmig verweigert wurde.
Vorteile für Arbeiter, aber Nachteile für die Betriebe