Autobranche bittet um Hilfe
Gipfel In der Region Bamberg sollen hunderte Jobs wegfallen. Wirtschaftsminister Altmaier will bald dorthin kommen. Auch Schwabens IHK würde sich über seinen Besuch freuen
Augsburg Der Strukturwandel in der Autoindustrie trifft auch die Region. Erst Anfang der Woche haben die bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeber neue Zahlen präsentiert. Die Branche steckt in der Rezession, seit nunmehr sechs Quartalen schrumpft das Geschäft. Und für die nahe und mittlere Zukunft sehen die von den Verbänden vertretenen Unternehmen keine Besserung. Unter diesen Vorzeichen steht auch die anstehende Tarifrunde in der Branche. Aber auch von der Politik erwarten die Unternehmen Hilfe.
Vor einem Spitzentreffen im Kanzleramt zum Umbruch in der Autoindustrie haben die Gewerkschaft IG Metall und die SPD Hilfen für die Beschäftigten gefordert. „Die IG Metall erwartet, dass die arbeitsmarktund industriepolitische Flankierung der Verkehrswende einen Schub bekommt und die dafür nötigen Instrumente geschärft werden“, sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann. Die Arbeitgeber wiederum forderten die Bundesregierung auf, den Zugang zum Kurzarbeitergeld für Firmen zu erleichtern. „Die Zahl der Unternehmen, die Kurzarbeit anmelden, steigt wieder“, sagte Arbeitgeberchef Steffen Kampeter.
„Zurzeit müssen viele Beschäftigte ihre Arbeitszeitkonten leer machen und Überstunden abbauen. Wir hören von unseren Mitgliedsverbänden, dass den Unternehmen jetzt langsam die Luft ausgeht“, sagte er.
Ein dringender Hilferuf ereilte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) aus dem Landkreis Bamberg: Mit Bosch, Schaeffler und Michelin haben dort gleich mehrere Schlüsselunternehmen der Zuliefererbranche wichtige Standorte. 20 000 Arbeitsplätze hat die Branche rund um Bamberg – und viele Beschäftigte bangen um ihre Jobs.
Altmaier hat nun zugesagt, im
Frühjahr persönlich nach Bamberg zu kommen, um konkrete Fördermöglichkeiten zu besprechen. Erste Ideen gibt es: Nach Vorstellungen der lokalen Politiker und von Betriebsräten der betroffenen Unternehmen soll die Region Bamberg zu einem Reallabor werden. Insbesondere die Brennstoffzellentechnologie soll dort gebündelt erforscht und verbessert werden. Federführend in diesem Bereich ist Bosch.
In Schwaben ist die Zulieferindustrie ebenfalls sehr bedeutend. Die Industrie- und Handelskammer Schwaben hat berechnet, dass in der Region bis zum Jahr 2030 zwischen 2400 und 4900 Stellen wegfallen könnten, die am Auto mit Verbrennungsmotor hängen. Basis der Berechnung ist eine Studie des Ifo-Instituts und der bayerischen Industrieund Handelskammern aus dem Sommer 2019, wonach 137 000 Jobs am Verbrennungsmotor hängen, davon 55 000 bei Zulieferbetrieben.
Von einem ähnlichen Hilferuf an die Politik, wie er aus Bamberg kommt, hält der neue schwäbische IHK-Hauptgeschäftsführer Marc Lucassen aber nichts. „Wir sehen, was sich ändert. Aber wir brauchen kein Konjunkturprogramm, wir sind nicht in einer akuten Krisensituation“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion am Rande einer Konferenz mit Pressevertretern in Augsburg, in der er sich der Öffentlichkeit vorstellte. Lucassen setzt auf andere Maßnahmen, um Schwabens Industrie fit für die Zukunft zu machen: „Wir wollen als IHK im Verbund mit unseren Partnern Antworten in der Region finden, damit strukturelle Veränderungen aufgefangen werden“, sagte er. Konkret gehe es ihm um eine noch bessere Verknüpfung der Hochschulen mit der Wirtschaft, um mehr Professorenstellen oder die Steigerung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Der Wirtschaftsraum Schwaben sei anders und breiter aufgestellt als die Region Oberfranken. Beispielsweise gibt es Initiativen, Teile der Forschung über neue Batteriegenerationen und die Batterieproduktion hierher zu holen.
Auch wenn Lucassen keinen Hilferuf nach Berlin schickt, würde man sich selbstverständlich auch in der schwäbischen Industrie freuen, wenn Altmaier nach Bamberg auch hierher zu Besuch käme: „Wir würden uns sehr freuen, wenn Minister Altmaier in die Region kommen würde“, meinte Lucassen. „Wir würden ihn hier sehr gerne begrüßen und in einen Dialog mit ihm eintreten.“