Noch mehr Plätze für Schwerstkranke
Corona I Behörden und Mediziner informieren über die aktuelle Entwicklung der Pandemie. Appell an die Vernunft
Mindelheim Landrat Hans-Joachim Weirather hat gestern am Nachmittag vor Medienvertretern eindringlich an alle appelliert, die verfügten Ausgangsbeschränkungen ernst zu nehmen. Die Polizei werde kontrollieren, es drohten bei Verstößen empfindliche Bußgelder. Jede Form der Gruppenbildung, von Partys und „Dummheiten“sei zu unterlassen, sagte Weirather wörtlich. Weil sich nicht alle vernünftig verhalten hätten, „haben wir jetzt den Salat“.
37 bestätigte Infektionsfälle gibt es inzwischen im Unterallgäu mit der Stadt Memmingen. Lebensbedrohlich sei niemand erkrankt. Das sagte der Leiter des Gesundheitsamtes, Dr. Ludwig Walters. Die Dunkelziffer dürfte aber um ein Vielfaches höher liegen. Walters mochte aber nicht spekulieren. In all diesen Fällen würden immer die engeren Kontaktpersonen ermittelt. Mehrere hundert Menschen seien so aufgetan, getestet und isoliert worden.
Pro Tag würden rund 100 Personen getestet. Das erfolgt an den Drive-in-Schaltern. Das Ergebnis liege meist nach einem Tag vor. Bis dato habe das Gesundheitsamt noch keine Schwierigkeiten, ausreichend Laborkapazitäten aufzutun. Getestet werde nur, wer die Erlaubnis vom Gesundheitsamt erhält. Der Ärztliche Direktor des Mindelheimer Krankenhauses, Dr. Manfred Nuscheler, sagte, es gehe darum, die Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Ziel all der Maßnahmen ist, die weitere Verbreitung des Coronavirus zumindest deutlich zu verlangsamen.
Einen besonderen Schwerpunkt legt das Gesundheitsamt auf Mendie bei der Feuerwehr, der Polizei und im medizinischen Bereich arbeiten. „Es ist wichtig, die Funktionsfähigkeit dieser Einrichtungen zu erhalten“, betonte Walters. Wer im Krankenhaus arbeitet, sieht sich einem besonderen Ansteckungsrisiko ausgesetzt, weil es in der Regel eben keine Hinweise auf eine Infektion gibt, wenn Patienten eingeliefert werden.
Für die vier Kliniken im neuen Allgäu-Verbund sagte Nuscheler, seien derzeit vorsorglich 61 Ärzte und Pfleger in häuslicher Isolation. Mindelheim ist am stärksten mit 24 Mitarbeitern betroffen, gefolgt von Immenstadt mit 20, Ottobeuren mit neun und Kempten mit acht. Für die verbliebenen Kräfte bedeute das vermehrter Stress, betonte Nuscheler.
sich die Lage zuspitzen, werde es notwendig werden, dass medizinisches Personal wieder arbeitet, obwohl noch nicht abschließend geklärt ist, ob sie auch infiziert sind. In diesen Fällen, die es bisher noch nicht gibt, werde dann besonders auf Schutzausrüstung und verstärkte Hygienemaßnahmen wert gelegt. Diese Mitarbeiter würden dann auch keine Risikopatienten versorgen.
Alle nicht notwendigen Operationen wurden verschoben. In Mindelheim wurden von drei Operationssälen zwei geschlossen. Ziel dieser Maßnahme ist laut Nuscheler, die Zahl der Intensivbetten mit Beatmungsgeräten für mögliche CoronaPatienten zu erhöhen. Nuscheler sprach für die vier Kliniken von gut 100 Beatmungsplätzen, die kurzfrisschen, tig vorgehalten werden könnten. Allerdings räumte er ein, dass die Vorräte an Schutzkleidung, Handschuhen und Mundschutz nicht allzu groß sind. Diese reichten an den Kliniken derzeit noch zwei bis drei Wochen. Sollte sich die Zahl der Corona-Patienten in nächster Zeit deutlich erhöhen, könnte das Material schon nach wenigen Tagen zur Neige gehen. Dass Bayern den Katastrophenfall ausgerufen hat, könnte hilfreich sein, sagte Walters. So könnten sich neue Quellen auftun.
Dass die Krankenhäuser sich jetzt besonders für Corona rüsten, kostet sie eine Menge Geld. Jeden Tag gehen laut Weirather zwischen 200.000 und 300.000 Euro an Einnahmen verloren. Er hoffe, dass diese „gesellschaftliche Leistung“dann auch vergütet werde, weil die KranSollte kenhäuser sonst in finanzielle Schieflage geraten.
Weirather würdigte ausdrücklich die Leistung aller Mitarbeiter seines Hauses, besonders des Gesundheitsamtes und dessen Leiter Walters. In vorbildlicher Weise bringen sich auch Ehrenamtliche von den Johannitern bei den Drive-in-Stationen ein. Das eingerichtete Bürgertelefon wird von rund 60 Mitarbeitern des Landratsamtes betreut. Hunderte verunsicherte Bürger hätten schon angerufen. Vor allem gehe es auch darum, Menschen herauszufinden, die getestet werden sollten, sagte die Leiterin dieser Koordinationsgruppe, Rita Helms. Das Telefon ist am Wochenende von 12 bis 15 Uhr erreichbar. Wochentags gelten die Zeiten 8 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr. Telefon: 08261/995-406.