Bedenken gegen tiefe Einschnitte
Ex-Ministerin: Eher Risikogruppen schützen
Augsburg Die frühere FDP-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warnt vor einer weiteren Verschärfung der Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürger bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie. Eine Ausgangssperre wäre weder durch die Verfassung und noch durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt, sagte die FDP-Politikerin unserer Redaktion. „Ich halte eine Ausgangssperre für den tiefgehendsten Eingriff in die Bewegungsfreiheit der Bürger“, erklärte Leutheusser-Schnarrenberger. „Paragraf 28 Infektionsschutzgesetz deckt das nicht ab“, betonte die frühere Justizministerin. „Ich habe da große Bedenken“, fügte sie hinzu.
Leutheusser-Schnarrenberger betonte zugleich, dass alle derzeitigen Schutzmaßnahmen mit Eingriffen in die Freiheitsrechte zeitlich klar befristet sein müssten. „Man muss sich auch noch mehr Gedanken über die rechtsstaatliche Seite der derzeitigen Einschränkungen machen“, sagte sie. Die FDP-Politikerin warb stattdessen für eine stärker zielgerichtete Maßnahmen-Politik: „Vielleicht muss sehr viel mehr Schutz der Risikogruppen wie Altenheime, Reha-Einrichtungen, Pflegeheime erfolgen, anstatt alle Menschen noch stärker einzuschränken“, sagte sie.
Unterdessen zeigt sich das Robert Koch-Institut (RKI) vorsichtig optimistisch. „Wir sehen den Trend, dass die exponentielle Wachstumskurve sich etwas abflacht“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. Für eine definitive Bewertung sei es jedoch zu früh, wahrscheinlich sei dies erst am Mittwoch möglich. „Aber ich bin optimistisch, dass diese Maßnahmen schon jetzt sichtbar sind – was sehr früh ist, weil sie ja erst seit einer Woche wirklich gefahren werden“, sagte Wieler. Außerdem schließt das RKI aus Handydaten, dass sich die Mobilität in Deutschland zuletzt schon reduziert hat – aber es reiche noch nicht. Dieser Effekt werde sich nun aber durch die am Sonntag verkündeten Maßnahmen verstärken.