Vierzehn Stunden für einen Test Corona und wir
Dumm gelaufen: Halsschmerzen, leichtes Fieber, Husten und kein Arzt will einen sehen. Ist das jetzt das Virus? Der Notdienst ist nur noch belegt
Was tun, wenn einen der Hausarzt nicht mehr sehen will? Dann bleibt man einfach zu Hause, regelt alles am Telefon, bekommt die Krankmeldung zugeschickt und versichert dem besorgten Arzt, dass man ihm bestimmt beim nächsten Besuch eine Briefmarke mitbringen wird, versprochen. Was aber tun, wenn aus Halsschmerzen und Fieber plötzlich Lungenschmerzen werden, einen trockener Husten plagt und man das Pech hatte, einem der ersten Corona-Patienten der Region begegnet zu sein?
Vor anderthalb Wochen war es noch möglich, es unter der Nummer 116117 beim ärztlichen Notdienst zu versuchen. Gut, Geduld war dafür schon nötig. Sogar reichlich. Der erste Hoffnungsschimmer nach einer Stunde voller Belegtzeichen endlich durchgekommen zu sein, war trügerisch. Denn der Telefoncomputer hatte einen nicht nach Bayern durchgestellt, sondern in das deutschlandweite Callcenter. Und als es dort hieß: Moment, wir verbinden Sie, flog man wieder aus der Leitung. Vier Stunden später war klar, dass man einer erfolgreichen Vermittlung nach Bayern in diesem Augenblick so nah wie seitdem nicht mehr gewesen war. Das System kollabierte gerade.
Deutschland schaltete auf den Corona-Modus um. Die Befürchtung, am Virus erkrankt zu sein, griff wie der Erreger exponentiell wachsend um sich. Um 18 Uhr, nach zehn vergeblichen Stunden,
gab es immer noch kein Durchkommen. Wenn es nicht auch um Recherche gegangen wäre, ob das überhaupt möglich ist, jemanden zu erreichen, wäre das der Punkt gewesen, frustriert aufzugeben.
Aber es gab ein spätes Glück. Um halb elf hatten es die meisten entweder geschafft oder aber müdigkeitsbedingt aufgegeben, um halb elf ging es wieder ins deutschlandweite Callcenter und von dort weiter in die bayerische Warteschleife, das erste Mal. In der folgenden Stunde in der Warteschleife bestand tatsächlich die Gefahr, einfach einzuschlafen. Aber so nah vor dem Ziel – nein.
Irgendwann war tatsächlich eine abgearbeitet klingende Stimme am anderen Ende, die abwiegeln wollte, sehr unwahrscheinlich, könnte ein grippaler Infekt sein. Letztlich hieß es: „Sie stehen vorläufig unter Quarantäne, ein Arzt kommt zu ihnen, sie werden getestet. Bitte verlassen sie bis dahin nicht das Haus.“
Dann ging es vergleichsweise schnell. Der Arzt kam am nächsten Morgen, die Nachbarn bekamen es nicht mit, als er in Schutzkleidung klingelte. Schnell ein Rachenabstrich und da ein Merkblatt, wie man sich jetzt zu verhalten habe. Zwei Tage später der Anruf des Arztes: „Negativ“– Erleichterung.
ist Kulturredakteur und war in einer Theaterpremiere, die auch einer der ersten Corona-Erkrankten der Region besuchte.