Eine historische Stadtratssitzung
Corona-Krise Nur der Bürgermeister sprach, alle anderen achteten vor allem auf eines: Distanz
Mindelheim Eine solche Stadtratssitzung hat es noch nie zuvor in Mindelheim gegeben. Keiner verspürte Redebedarf, alle saßen im Abstand von rund zwei Metern getrennt an Einzeltischen.
Schon der Ort des Geschehens war ungewöhnlich: Die Kommunalpolitiker tagten nicht wie gewohnt im großen Sitzungssaal des Rathauses. Sie waren am Montagabend in den großen Saal im Forum ausgewichen, wo sie größtmögliche Distanz zueinander halten konnten. Und für alle Fälle war noch ein Desinfektionsmittel für die Hände bereitgestellt worden. Die Ansteckungsgefahr vor dem Corona-Virus erforderte besondere Vorkehrungen.
Jeder Stadtrat, Ortssprecher und Bürgermeister bekam einen eigenen Tisch im Abstand von rund zwei Metern zugewiesen. Auch die Einzeltische der zwei Medienvertreter, der Protokollführerin und der Kämmerer wurden über den Saal hinweg postiert. Zehn der 24 Stadträte waren vorsorglich zu Hause geblieben, auch die meisten Ortssprecher. Die Fraktionen schickten gerade einmal so viele Vertreter ins Rennen, damit die Beschlussfähigkeit gewahrt war.
Für die Zuhörer war die Trennwand zum kleinen Saal geöffnet worden. Dort waren ein paar Stühle in großem Abstand voneinander aufgestellt worden. Gekommen war allerdings niemand. Diese denkwürdige Sitzung des Stadtrates Mindelheim war nur von zwei Medienvertretern verfolgt worden.
Der Ablauf dieser „Notsitzung“, wie es Bürgermeister Stephan Winter formulierte, freilich war eher unspektakulär. Winter begründete die Terminierung damit, die Stadt brauche einen Haushalt. Deshalb sei die Sitzung „dringlich und unaufschiebbar“. Abgesagt wurde bereits die Abschlusssitzung des Stadtrates der Periode
Die Abschlussfahrt der Stadträte fällt aus
2014 bis 2020. Sie hätte Ende April stattfinden sollen. Zu einem späteren Termin, der noch nicht absehbar ist, soll dann der alte Stadtrat verabschiedet und der neue Stadtrat vereidigt werden. Abgesagt wurde auch schon die Abschlussfahrt des Stadtrates. Auch einen Bauausschuss soll es in den nächsten Wochen nicht geben. Die Lage der Wirtschaft allerdings treibt den Bürgermeister täglich um. Mit Kämmerer Wolfgang Heimpel und Hermann Schröther vom Bauamt habe er vereinbart, Aufträge vorzuziehen. Bekanntlich steht heuer die Sanierung des Freibads an. Die Firmen seien kontaktiert worden, um ihnen einen früheren Baubeginn zu ermöglichen. Viele
Unternehmen hätten in der Coronakrise mit Auftragsstornierungen zu kämpfen. „Unser Angebot ist eine wirkungsvolle Methode, um den Baufirmen zu helfen“, sagte Winter. Damit kämen diese früher an Geld. Damit belässt es die Stadt aber nicht. Fast täglich genehmige der Bürgermeister Stornierungen bei der Gewerbesteuer. Wie sich die Steuereinnahmen im Laufe des Jahres verändern werden, sei noch unklar. Sicher ist nur eines: Die Einnahmen bei Gewerbe-, Einkommens- und Umsatzsteuer
werden sinken. Die Frage ist nur noch, wie stark die Kurve nach unten gehen wird, sagte Winter.
Eine letzte Pointe hatte diese historische Stadtratssitzung dann aber noch: All das Beschlossene wird nicht lange Bestand haben. Die Stadt fährt mit ihrem Haushalt nur noch auf Sicht. Alle Ausgaben stehen unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Kämmerei. Der Bürgermeister hat bereits vorigen Donnerstag eine Art Haushaltssperre verfügt. Das Rathaus bleibt im Katastrophenmodus.