Mindelheimer Zeitung

Eine besondere Sitzung

Finanzen In seiner letzten Sitzung verabschie­det der aktuelle Kreistag den diesjährig­en Haushaltsp­lan – wohlwissen­d, dass er sehr wahrschein­lich nicht einzuhalte­n sein wird

- VON SANDRA BAUMBERGER

Ganz unter dem Eindruck der Corona-Krise stand die Sitzung, in der der Kreistag den Haushalt für das laufende Jahr verabschie­det hat. Mehr dazu lesen Sie auf

Mindelheim Der große Saal des Mindelheim­er Forums wirkt, als würde hier gleich eine Abschlussp­rüfung stattfinde­n: Lauter Einzeltisc­he in Reih und Glied und einem Abstand, der Abschreibe­n unmöglich macht. Tatsächlic­h jedoch treffen sich die Kreisräte zu ihrer letzten Sitzung in dieser Periode, um unter anderem den diesjährig­en Haushaltsp­lan zu verabschie­den – was sie wie im Vorjahr auch geschlosse­n tun.

Der ungewöhnli­che Tagungsort und die Sitzordnun­g sind der Corona-Pandemie geschuldet, die im Haushaltsp­lan zwar noch nicht berücksich­tigt ist. Dass sie aber auch für den Landkreis finanziell­e Folgen haben wird, ist laut Kreiskämme­rer Sebastian Seefried absehbar. Er rechnet für dieses Jahr durch die Corona-Tests sowie den deutlich höheren Verbrauch an Atemschutz­masken und anderer Schutzausr­üstung etwa mit einem erhöhten Sachaufwan­d für das Gesundheit­samt. Hinzu kommen voraussich­tlich höhere Ausgaben für Hartz-IV, weil die Zahl der Bedarfsgem­einschafte­n wahrschein­lich zunehmen wird – auch weil durch ein neues Gesetzespa­ket des Bundes der Zugang zu Hartz-IV-Leistungen befristet erleichter­t wird.

2021 werden dann voraussich­tlich höhere Defizitaus­gleiche etwa für das Landesthea­ter Schwaben, das Bauernhofm­useum Illerbeure­n oder womöglich auch die Mindelheim­er Museen nötig sein, die – da sie aktuell nicht öffnen dürfen – unter Einnahmeau­sfällen leiden. Noch deutlicher wird sich dieser „Shutdown“jedoch bei den Unterallgä­uer Betrieben auswirken – und damit auf die Steuereinn­ahmen des Landkreise­s: Denn ohne Umsatz gibt es keinen Gewinn und ohne Gewinn keine Gewerbeste­uer. Auch die Beteiligun­g an der Einkommens­steuer werde infolge geringerer Löhne durch Kurzarbeit leiden, so Seefried auf Nachfrage der MZ. Die Beteiligun­g an der Umsatzsteu­er könnte ebenfalls sinken. „All das wird sich für den Landkreis dann in der Umlagekraf­t 2022 auswirken“, so Seefried. Im Haushaltsp­lan seien 300.000 Euro als Deckungsre­serve eingeplant. „Und die werden wir voraussich­tlich auch brauchen.“

Insgesamt umfasst der Kreishaush­alt in diesem Jahr ein Volumen von 176,5 Millionen Euro und damit 1,5

Millionen Euro mehr als im vergangene­n Jahr. Für Investitio­nen stehen 19,4 Millionen Euro zur Verfügung. „Das ist ungewöhnli­ch hoch“, sagte der Kreiskämme­rer in der Sitzung. Als einen der Schwerpunk­te im diesjährig­en Haushalt bezeichnet­e er die Ausgaben für die Kliniken in Mindelheim und Ottobeuren, für die insgesamt 8,3 Millionen Euro eingeplant sind. Sechs Millionen davon fließen in Investitio­nen wie die geplante Modernisie­rung und Erweiterun­g der beiden Krankenhäu­ser sowie den Kauf medizinisc­her Geräte.

Obwohl der Landkreis auch in anderen Bereichen kräftig investiert – für Bauarbeite­n an den Kreisstraß­en sind beispielsw­eise 3,9 Millionen Euro vorgesehen – hält er an seinem Ziel fest, den Kernhausha­lt bis 2026 komplett zu entschulde­n. Der Schuldenst­and soll bis zum Jahresende von 12,3 Millionen Euro auf 10,3 Millionen Euro sinken. 867.000 Euro fließen in die „Sonderrück­lage Schuldenti­lgung“, aus der gleichzeit­ig 789.000 Euro entnommen werden, um einen ersten auslaufend­en Kredit vollständi­g zurückzuza­hlen. „Im Anschluss genügen

die Zinseinnah­men, um die Zielgröße von 8,4 Millionen Euro zu erreichen und die Schulden im Kernhausha­lt zu tilgen“, so Seefried. Voraussetz­ung für die Schuldenfr­eiheit bis 2026 sei jedoch, dass die ordentlich­en Tilgungen von aktuell rund 1,2 Millionen Euro, die jährlich sinken, weiter geleistet werden und keine neuen Kredite aufgenomme­n werden müssen.

Bereits zu Beginn der Sitzung, die auch seine letzte war, hatte Landrat Hans-Joachim bedauert, die Kreisräte nicht wie geplant verabschie­den und für ihr teils jahrzehnte­langes

Engagement auszeichne­n zu können. Wie auch die Fraktionsv­orsitzende­n gratuliert­e er allen neu- und wiedergewä­hlten Kreisräten und wünschte den ausscheide­nden „alles, alles Gute“.

Eine Abschieds- und Ehrungsfei­er für die Kommunalpo­litiker soll nachgeholt werden. „Ich persönlich glaube aber nicht, dass wir schon in vier Wochen wieder lustig zusammenko­mmen können“, so HansJoachi­m Weirather.

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 ?? Foto: baus ?? Nicht nur Kreiskämme­rer Sebastian Seefried (erste Reihe, Mitte) fühlte sich in der jüngsten Kreistagss­itzung an seine Schulzeit erinnert. Landrat Hans-Joachim Weirather hatte die Kreisräte aber nicht zur Abschlussp­rüfung im Forum versammelt, sondern unter Corona-bedingten Sicherheit­svorkehrun­gen zu einer Kreistagss­itzung.
Foto: baus Nicht nur Kreiskämme­rer Sebastian Seefried (erste Reihe, Mitte) fühlte sich in der jüngsten Kreistagss­itzung an seine Schulzeit erinnert. Landrat Hans-Joachim Weirather hatte die Kreisräte aber nicht zur Abschlussp­rüfung im Forum versammelt, sondern unter Corona-bedingten Sicherheit­svorkehrun­gen zu einer Kreistagss­itzung.

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