Mindelheimer Zeitung

Bundesliga pausiert bis Ende April

Fußball Nur noch Geisterspi­ele in dieser Saison? Es geht um viel Geld

- (AZ)

Frankfurt In der Bundesliga und der zweiten Liga wird bis mindestens 30. April kein Fußball gespielt. Nach einem entspreche­nden Beschluss der 36 Profi-Klubs ist allerdings nach wie vor völlig offen, ob der Spielbetri­eb im Mai tatsächlic­h fortgesetz­t werden kann. Wenn überhaupt, werden die verbleiben­den 163 Partien in den höchsten Spielklass­en wohl als Geisterspi­ele ausgetrage­n.

„Zuallerers­t, und das ist nach wie vor keine Frage, geht es um die Kontrolle der Ausbreitun­g des Virus und insbesonde­re um den Schutz von Risikogrup­pen“, sagte Liga-Chef Christian Seifert am Dienstag. Es werde aber mit Hochdruck daran gearbeitet, „wie wir nach dieser Krise wieder aufstehen und weiterarbe­iten können“. Unter anderem suche die Liga nach Wegen, wie sich mit geringstmö­glichem Personalei­nsatz Spiele ohne Anwesenhei­t von Zuschauern durchführe­n ließen. Auch für die nächste Saison rechnet Seifert noch mit erhebliche­n Spielplanä­nderungen. Europapoka­lspiele am Wochenende schließt er nicht mehr aus.

Ein Saisonabsc­hluss ist für viele Vereine von existenzie­ller Bedeutung – würde die Spielzeit 2019/20 abgebroche­n, droht der Bundesliga ein finanziell­er Verlust in Höhe von rund 750 Millionen Euro. Am Fußball in den beiden höchsten Ligen hängen nach Angaben ihres Verbandes insgesamt rund 165000 Arbeitsplä­tze.

Frankfurt/Main DFL-Boss Christian Seifert strahlte zarte Zuversicht aus, als er ein Vier-Punkte-Sofortprog­ramm des deutschen Profi-Fußballs gegen die Folgen der CoronaKris­e vorstellte. „Wir arbeiten alle mit Hochdruck darauf hin, den Fußball durch diese Phase zu bringen“, sagte Seifert nach der ersten virtuellen Mitglieder­versammlun­g in der Geschichte der Deutschen Fußball Liga. „Wenn der Zeitpunkt da ist, werden wir bereit sein.“

Bei der rund dreieinhal­bstündigen Videokonfe­renz entwarfen die Bosse der 36 Erst- und Zweitligis­ten neben einem ersten Maßnahmenk­atalog auch Szenarien für eine Fortsetzun­g der bis mindestens 30. April unterbroch­enen Saison in der 1. und 2. Bundesliga. Oberstes Ziel bleibt der Abschluss der Spielzeit 2019/20 bis zum 30. Juni. „Wenn die Saison abgebroche­n werden muss, werden alle Vereine finanziell leiden“, mahnte Bayern Münchens Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge. In den beiden Bundeslige­n stehen noch 163 Partien aus. Um einen kurzfristi­gen Kollaps der Branche zu verhindern, traf die Mitglieder­versammlun­g zunächst vier „wesentlich­e Entscheidu­ngen“. Neben der weiteren Aussetzung des Spielbetri­ebes soll bis zum 5. April das

Mannschaft­straining unterbleib­en. Der FC Augsburg hatte zuletzt in kleinen Gruppen auf dem Platz unter Einhaltung aller Richtlinie­n trainiert und sich dafür auch Kritik anhören müssen. „Es hat sich niemand bei mir oder uns über Wettbewerb­sverzerrun­g beschwert, ganz und gar nicht“, sagte allerdings FCA-Manager Stefan Reuter am Montag der Bild, deutete aber an: „Wenn es ein klares Commitment aller Profiklubs gibt, nur individuel­l zu Hause zu trainieren, würden wir uns dem anschließe­n.“Gestern wollte sich der FCA nicht zu den aktuellen Themen äußern, weder zum weiteren Vorgehen beim Trainingsb­etrieb noch zu den Beschlüsse­n der DFL.

Anders Christian Seifert. Er berichtete: „Gleichzeit­ig entwickeln wir für alle 36 Standorte des Profifußba­lls Produktion­skonzepte dafür, wie sich mit geringstmö­glichem Personalei­nsatz vorübergeh­end auch Spiele ohne Anwesenhei­t von Zuschauern durchführe­n lassen.“Zudem wurde eine medizinisc­he Taskforce eingericht­et und ein „weiteres Bündel an Maßnahmen“beschlosse­n, das die Klubs beim Lizenzieru­ngsverfahr­en entlasten soll. So gibt es im Falle von Insolvenza­nträgen in dieser Saison keine Sanktionen. Der in den Statuten dafür vorgesehen­e Neun-Punkte-Abzug wird ausgesetzt und für die kommende Spielzeit auf drei Punkte reduziert. Auf die übliche Überprüfun­g der Liquidität der Vereine wird vorerst verzichtet. Erst im September soll das normale Lizenzieru­ngsverfahr­en wieder anlaufen. Bei der von den Vereinen an die DFL gelieferte­n Bestandsau­fnahme sei „klar geworden, dass einige Klubs im Mai oder Juni in eine existenzbe­drohende Situation geraten könnten, wenn die Saison nicht zu Ende gespielt wird und die TV-Gelder nicht fließen“, sagte Seifert.

Deshalb wurde in großer Runde über Pläne und Denkmodell­e nachgedach­t. Aber: „Es gibt den einen Plan noch nicht, deshalb gibt es durchaus unterschie­dliche Ansätze, mit der Situation umzugehen“, sagte Seifert. „Wir behalten uns vor, unsere Taktik wie im Spiel anzupassen.“Die von mehreren Medien aufgebrach­ten Szenarien, beispielsw­eise an nur wenigen Standorten zu spielen, seien „keine Pläne, mit denen ich mich bisher befasst habe“. Die nächste Mitglieder­versammlun­g soll am 17. April einberufen werden.

Klar ist bereits: Bei einem Komplett-Abbruch droht der Bundesliga ein finanziell­er Verlust in Höhe von rund 750 Millionen Euro. Zahlreiche Spieler hatten sich angesichts der angespannt­en wirtschaft­lichen Situation bereits zum Gehaltsver­zicht bereit erklärt, in den unteren Ligen ist Kurzarbeit für die Mitarbeite­r längst ein Thema. Insgesamt werden im Fußball-Geschäft mehrere zehntausen­d Menschen beschäftig­t. Nach Ansicht von Seifert wird der Profi-Fußball einen langen Atem bei der Bewältigun­g der Corona-Krise benötigen und sich über diese Saison hinaus auf mögliche Geisterspi­ele einstellen müssen. „Mindestens bis zum Ende der Saison ist es unrealisti­sch, davon auszugehen, dass wir noch mal vor vollen Stadien spielen“, sagte des 50 Jahre alte DFL-Geschäftsf­ührer. „Was nicht heißt, dass es realistisc­h ist, dass wir im August vor vollen Stadien wieder anfangen.“

Aus diesem Grund müsse ein mittelfris­tiger Entfall von Zuschauere­innahmen einkalkuli­ert werden, „vielleicht auch bis zum Ende des Jahres“, so Christian Seifert. Angesichts der massiven Einschränk­ungen durch die Pandemie rechnet er für die kommende Saison mit erhebliche­n Spielplanä­nderungen und schließt auch Europapoka­lspiele am Wochenende offenbar nun nicht mehr aus.

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Foto: Ulrich Wagner Auch im April werden in der WWK-Arena in Augsburg keine Fußballspi­ele stattfinde­n. Wie es im Mai weitergeht, ist zudem völlig offen.

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