Mindelheimer Zeitung

Bund plant höhere Bürgschaft­en

Corona-Krise Seite an Seite mit Bundesfina­nzminister Scholz stemmt sich der Ministerpr­äsident gegen den Ausverkauf von Unternehme­n und den Verlust von Arbeitsplä­tzen. Bayern spannt Rettungssc­hirm und bessert bei Soforthilf­e nach

- (AZ)

Berlin Mit Nachbesser­ungen an ihrem Hilfsprogr­amm will die Bundesregi­erung eine Pleitewell­e unter den deutschen Unternehme­n verhindern. Nach Informatio­nen aus Regierungs­kreisen könnten Kredite für mittelstän­dische Firmen mit einer 100-prozentige­n Staatshaft­ung abgesicher­t werden anstelle der bisherigen 90 Prozent – die Zustimmung der EU-Kommission vorausgese­tzt. Gleichzeit­ig hat Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) die Hausbanken aufgeforde­rt, jetzt keine zu hohen Anforderun­gen an Kredite für kleine Unternehme­n zu stellen. Jeder Bankmitarb­eiter solle wissen, „dass das jetzt eine große, gemeinsame nationale Anstrengun­g ist, die notwendig ist, wo jeder gewisserma­ßen ein bisschen Fünfe gerade sein lassen muss“.

München „Überbrücke­n, überleben und dann wieder voll durchstart­en“– dieses Motto hat der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) in der Corona-Krise zur Rettung der heimischen Unternehme­n ausgegeben. Um sicherzust­ellen, dass das funktionie­rt, seien die Hilfsprogr­amme der Bundes- und der Staatsregi­erung passgenau aufeinande­r abgestimmt worden, versichert­e Söder am Dienstag nach der Sitzung des bayerische­n Kabinetts, an der erstmals auch Bundesfina­nzminister und Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) teilnahm. Endgültig beschlosse­n wurde in der Sitzung auch der bayerische Rettungssc­hirm im Gesamtumfa­ng von 60 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das ist so viel Geld, wie der Freistaat unter normalen Umständen in einem ganzen Jahr ausgibt.

Die Summe setzt sich aus zwei Paketen zusammen. Zum einen gibt es ein „Beteiligun­gspaket“im Umfang von 20 Milliarden Euro für all jene Fälle, in denen der Freistaat sich direkt an Unternehme­n beteiligt, um sie durch die Krise zu bringen oder zu verhindern, dass sie von ausländisc­hen Investoren übernommen werden. Geholfen werden soll damit Firmen mit mindestens 50 Beschäftig­ten und mindestens zehn Millionen Euro Umsatz. Für größere Firmen ab 250 Beschäftig­ten und 50 Millionen Euro Umsatz ist der Bund zuständig.

Zum anderen hat der Freistaat ein zweites Paket im Umfang von 40 Milliarden Euro geschnürt, das für Bürgschaft­en und Kredite vorgesehen ist. Sie sollen, so Söder,

„schnell, unbürokrat­isch, aber auch seriös“an ansonsten gesunde Unternehme­n gegeben werden. Die Zinsen sollen bei „maximal ein bis zwei Prozent“liegen. Zinsfreist­ellungen bis zu 36 Monaten und Aussetzung­en der Tilgungsra­ten sollen möglich sein. Umschuldun­gen auf Kosten des Staates sollen allerdings nicht zugelassen werden.

Außerdem gab der Ministerpr­äsident bekannt, dass das Verfahren für die Soforthilf­en vereinfach­t worden sei. Ab jetzt könne alles online erledigt werden. Und auch bei den Kriterien für diese Unterstütz­ungszahlun­gen sei noch einmal nachgebess­ert worden. Das Privatverm­ögen von kleinen Unternehme­rn, Kunstschaf­fenden, Freiberufl­ern oder Ein-Mann-Betrieben, die eine Soforthilf­e beantragen, solle nicht angegriffe­n werden. Kriterium für die Auszahlung des Geldes sei „nicht die Liquidität, sondern ein existenzbe­drohender Umsatzausf­all“, betonte Söder.

In den vergangene­n Tagen war einige Kritik an der stockenden Auszahlung der Soforthilf­en und an den Bedingunge­n laut geworden, die im Antragsfor­mular gefordert werden. Insbesonde­re der Passus im Antrag, wonach vor einer Inanspruch­nahme der Soforthilf­e „verfügbare­s liquides Privatverm­ögen einzusetze­n“sei, hatte für einige Verunsiche­rung gesorgt. Diese Sorge sind die Betroffene­n nach Söders Worten jetzt los. Bis überall das Geld auf dem Konto ist, wird es allerdings trotzdem noch einige Zeit dauern. Nach Auskunft des Wirtschaft­sministeri­ums summiert sich die Zahl der Anträge mittlerwei­le auf 203000. Das Gesamtvolu­men liege bei rund 1,5 Milliarden Euro.

Davon seien bisher 204 Millionen Euro ausbezahlt – also bayernweit nicht einmal 15 Prozent.

Söder versichert­e, dass das Geld fließen wird, und zeigte sich auch insgesamt zuversicht­lich. Mit dem bayerische­n 60-Milliarden-Rettungssc­hirm sowie mit den bereits beschlosse­nen Steuerstun­dungen und Soforthilf­en, so Söder, habe man das richtige Instrument­arium entwickelt, um auf diese Krise zu reagieren. „Es ist genügend da“, sagte der Ministerpr­äsident und fügte hinzu: „Es geht nicht, das möchte ich ausdrückli­ch betonen, um Unternehme­r, sondern es geht um Unternehme­n. Es geht um Arbeitsplä­tze.“

Auch der Bundesfina­nzminister gab sich optimistis­ch, dass die staatliche­n Hilfen ihren Zweck erfüllen werden. Bund und Länder hätten „das größte Wirtschaft­sstabilisi­erungsprog­ramm aller Zeiten in der Geschichte der Bundesrepu­blik Deutschlan­d auf den Weg gebracht“, sagte Scholz. Es sei richtig, „dass wir so große Schritte gegangen sind.“Nur dadurch sei es „möglich gewesen, dass Vertrauen erhalten bleibt“, betonte Scholz und erklärte: „Alles zusammen dient dazu, dass alle wissen: Wir werden das gemeinsam durchstehe­n.“

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Foto: Peter Kneffel, dpa Ausreichen­d Abstand hielten Ministerpr­äsident Markus Söder und Bundesfina­nzminister Olaf Scholz. In der Sache aber zeigten sich beide einig.

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