Mindelheimer Zeitung

Was machen eigentlich die CDU-Kandidaten?

Hintergrun­d Die Corona-Krise hat den Machtkampf in der Union aus den Schlagzeil­en verdrängt. Hinter den Kulissen werden die Rollen aber gerade neu geschriebe­n. Wer seine Position gestärkt hat und wer zur Randfigur wurde

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Es kommt einem alles so weit weg vor, aber damals, als Corona noch nicht unser aller Leben bestimmte, hat ganz Deutschlan­d darüber diskutiert, wen die CDU als Kanzlerkan­didaten aufstellen soll. Inmitten der Krise wirkt diese Frage plötzlich so klein. Und doch wird sie beantworte­t werden müssen. Nur wann? Der Parteitag am 25. April, an dem die CDU ihren neuen Chef ursprüngli­ch küren wollte, wurde abgesagt. Und die Rollen im Machtkampf werden gerade neu geschriebe­n. So hat sich die Situation für die Akteure verändert:

● Jens Spahn Der 39-Jährige hatte zugunsten von Armin Laschet auf eine eigene Kandidatur verzichtet und will als dessen Vize an den Start gehen. Doch nun steht er plötzlich selbst im Scheinwerf­erlicht. Als Gesundheit­sminister muss er eine nie da gewesene Krise bewältigen. Bisher gelingt ihm das ganz gut. Seine Popularitä­tswerte steigen. Schafft er es, das Gesundheit­ssystem stabil zu halten, könnte das der entscheide­nde Schritt für eine große Karriere sein. Doch der Druck ist immens.

Scheitert er, dürften seine Ambitionen auf höhere politische Ämter erledigt sein.

● Armin Laschet Genau wie Spahn hat auch der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident den Startvorte­il, dass er aktiv agieren und sich als Macher beweisen kann. Allerdings gibt er dabei nicht immer eine glückliche Figur ab. Ein KräftemesI­mmerhin: sen mit Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder um die Frage, wie drastisch die Einschränk­ungen für Bevölkerun­g und Wirtschaft ausfallen sollen, verlor er. Höhnische Kommentare kassierte der 59-Jährige außerdem, als er bei einem Besuch der Uniklinik Aachen den Atemschutz unterhalb der Nase trug – also nicht im Sinne des Erfinders.

Laschet nahm es mit Humor und veröffentl­ichte kurz darauf ein Video, in dem er demonstrie­rt, wie man die Maske richtig trägt. „Aus Gründen“, wie er selbstiron­isch kommentier­te.

● Friedrich Merz Für den 64-Jährigen hat sich die Ausgangsla­ge am deutlichst­en verändert. Vor Ausbruch der Corona-Krise war Merz der präsentest­e aller Kandidaten um den CDU-Vorsitz. Interviews und Fernsehauf­tritte absolviert­e er am Fließband. Doch plötzlich ist er zum Zuschauen verdammt. Denn erstens hat er kein Amt und zweitens infizierte er sich selbst mit dem Virus und lag einige Tage flach. Gesundheit­lich geht es Merz inzwischen wieder gut, seine Bühnenpräs­enz muss er sich neu erkämpfen. In dieser Woche meldete er sich mit einem dramatisch­en Appell zurück: „Die Welt wird nach der Corona-Krise ökonomisch, politisch und gesellscha­ftlich eine andere sein.“

● Norbert Röttgen Schon mit Außenseite­rchancen gestartet, ist der 54-Jährige endgültig zur Randfigur geworden. „Deutschlan­d und die CDU haben jetzt andere Prioritäte­n“, kündigte er Mitte März eine

Wahlkampfp­ause an. Das ehrt ihn. Doch er wird damit noch weiter an Boden verlieren.

● Annegret Kramp-Karrenbaue­r Die Absage des Parteitags hat AKK eine unverhofft­e Laufzeitve­rlängerung als CDU-Chefin verschafft. Doch die 57-Jährige scheint kein besonderes Interesse daran zu haben, das Heft noch einmal in die Hand zu nehmen. Die Noch-Parteivors­itzende beschränkt sich auf ihre Rolle als Verteidigu­ngsministe­rin. Auch die Bundeswehr wird im Kampf gegen das Virus gebraucht.

● Angela Merkel Die Bundeskanz­lerin erlebt eine nicht mehr für möglich gehaltene Renaissanc­e als Krisenmana­gerin. Und sie tut das, was sie in ihrer langen Amtszeit so oft vermissen ließ: Sie erklärt die Politik der Bundesregi­erung. Mit einer Art „Rede zur Lage der Nation“, die man eher von US-Präsidente­n kennt, wandte sie sich mit eindringli­chen Worten an die Deutschen. Die Union legt im aktuellen ZDFPolitba­rometer so stark zu wie noch nie. Das liegt vor allem an den beiden derzeit beliebtest­en Politikern der Republik: Angela Merkel und CSU-Chef Markus Söder.

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Foto: Henning Kaiser, dpa Wie man einen Atemschutz nicht trägt: Für dieses Foto kassierte Armin Laschet Spott. Er konterte mit einer guten Portion Selbstiron­ie.

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